Schmausen und Schwofen Psychologe: Traditionen wie Tanz in den Mai liegen im Trend

Köln/Düsseldorf/Bonn · Viele freuen sich auf den Tanz in den Mai. Das gilt für Jung und Alt und hat nach Expertenansicht gleich mehrere Gründe.

Der Tanz in den Mai liegt nach Ansicht von Konsumpsychologe Frank Quiring gleich aus mehreren Gründen im Trend. (Symbolbild)

Foto: Federico Gambarini/dpa

Vom Dorffest bis zur Party-Location: Zum Tanz in den Mai locken wieder Tausende Veranstaltungen in Nordrhein-Westfalen. Für Vereine, Gastronomen, Musiker und DJs ist der 30. April dick im Kalender markiert. Viele Menschen freuen sich auf das ausgelassene Treiben. Warum ist diese Tradition bei Jung und Alt so beliebt?

Das Aufstellen von Maibäumen und der Tanz in den Mai liegen nach Ansicht des Konsumpsychologen Frank Quiring gleich aus mehreren Gründen im Trend. „Wir erleben eine Rückkehr zu Traditionen. Dazu gehören Hochzeiten im weißen Brautkleid. Es geht dabei auch um Rollenbilder von Männern und Frauen, die wieder aufgegriffen werden“, erklärt der Manager des Rheingold Instituts.

Dass Traditionen überhaupt im Trend liegen, habe mit Problemen in der Alltagskultur zu tun. Die Menschen erlebten die Auflösung von Rhythmen und Strukturen im Alltag. „Eine klare Trennung von Freizeit und Arbeit gibt es in vielen Fällen nicht mehr“, meint Quiring. Oder etwa die Saison bei Obst und Gemüse, die durch ein ständig verfügbares Angebot aus aller Welt aufgehoben werde.

Rückzug ins private Schneckenhaus

„Auch die Rollenbilder von Männern und Frauen sind viel offener geworden. Die vielfältigen Optionen führen zu neuen Freiheiten - aber auf der anderen Seite auch zu einer Orientierungslosigkeit“, beschreibt er. Zudem bewirkten weltweite Probleme wie die Corona-Pandemie, der Klimawandel, Krieg und Zollstreit bei Menschen ein Ohnmacht-Empfinden und damit einen Rückzug ins private Schneckenhaus. Familie, Freunde, das Viertel oder der Verein rückten noch mehr in den Fokus.

Symbol für das Aufblühen

Traditionen seien frühere Kulturmuster, die Halt und Orientierung böten. „Der Maibaum und der Tanz in den Mai bringen wieder einen Rhythmus ins Jahr. Außerdem funktionieren sie wie eine Regieanweisung an Männer und Frauen - wie man sich verhält, wie man den anderen umwirbt und so weiter, damit helfen sie in der Rollenverunsicherung“, erklärt Quiring. Außerdem biete die Mai-Tradition „Aufbruch und Hoffnung im Kleinen. Maibaum und Tanz in den Mai stehen traditionell für den Umbruch vom Winter in den Frühling, für das Aufblühen. „Danach haben wir aktuell ein besonders starkes Bedürfnis“, betont der Konsumpsychologe. „Raus aus dem Dunkeln, der Ohnmacht der Krisen.“

Ende der Einschränkungen

Wie Thomas Leßmann, wissenschaftlicher Referent beim LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte verdeutlicht, folgt der „Wonnemonat“ Mai auf die religiös geprägte Fasten- und Osterzeit mit einigen Einschränkungen, Verzichten und Verboten. „Insbesondere im Spätmittelalter war seitens der katholischen Kirche der Konsum von Fleisch und Eiern während der Fastenzeit verboten, ebenso waren gesellschaftliche Ausschweifungen aller Art verpönt und untersagt, eben auch das Tanzen in der Karwoche, speziell an Karfreitag“, erläutert er.

„Nach Ostern sind die freudigen Ereignisse wieder zugelassen, es darf geschmaust und geschwoft werden“, fügt er hinzu. Das Maifest sei also wie ein Wiederaufleben zu betrachten. Der Maibaum als Symbol der Freiheit sei heute vor allem ein zentrales Element der dörflichen Festkultur.

Wichtig für Gastronomie

Für viele Gastronomen seien punktuell auch höhere Umsätze zu erwarten, weil der Tanz in den Mai als Eventtag funktionieren könne, sagte der Sprecher des Branchenverbandes Dehoga in Nordrhein-Westfalen, Thorsten Hellwig. „Und Events sind in den letzten Jahren grundsätzlich immer wichtiger geworden“, fügte er hinzu. Bei großen Veranstaltungen arbeiteten Gastronomen mit externer Unterstützung, bei kleineren mit „Bordmitteln“.

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