Rahmede-Talbrücke Das ist „Mangelverwaltung“

DÜSSELDORF · Für die Menschen bei Lüdenscheid ist der tägliche Stau rund um die seit Dezember 2021 gesperrte Rahmede-Talbrücke viel mehr als nur ein Ärgernis. Warum es dazu kam und warum ein Neubau seit vielen Jahren auf die lange Bank geschoben wurde, ist längst Thema im Landtag.

Foto: dpa/Kay-Helge Hercher

Denn: In einigen der Jahre, in denen nichts in Sachen Sanierung oder Neubau passierte, war der heutige Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Verkehrsminister: von 2017 bis 2021.

Die Opposition aus SPD, FDP und AfD versucht, eine Mitverantwortung von Wüst nachzuweisen. Am Montag musste er sich stundenlang im Verkehrsausschuss des Landtags den Fragen stellen. Zunächst einmal versprach er den Menschen in der Region, dass die Landesregierung alles in ihrer Macht Stehende tun wolle, um die Folgen möglichst gering zu halten. „Das sehe ich auch als meine Verantwortung als Ministerpräsident.“ Da gehe es etwa um die Reduzierung des Lkw-Verkehrs aus und in die Region. Und wie sieht er seine eigene Verantwortlichkeit in der Vergangenheit?

„Mit der Kenntnis von heute wissen wir, dass die Entscheidung aus dem Jahr 2014, eine Verstärkung der Brücke nicht durchzuführen, ein Fehler war“, sagt er. Und: „Leider war das nicht der einzige Fehler. Diese Entscheidung aus 2014 ist auch während meiner Amtszeit als Verkehrsminister nicht geheilt worden“, gibt er zu. Das gelte im Übrigen auch für seine Vorgänger und Nachfolger. Das sei aber kein Grund, ihnen (und sich) einen Vorwurf zu machen. „Die Fachleute haben ihre damaligen Einschätzungen vor dem Hintergrund ihres damaligen Wissens vorgenommen.“ Die Brücke sei immer wieder überprüft worden. Daher sei der Neubau der Brücke nicht mit oberster Priorität behandelt worden. „Auch das war ein Fehler, wie wir heute wissen“, sagt Wüst.

Auch Elfriede Sauerwein-Braksiek, Direktorin der für die Autobahnbrücken zuständigen Autobahngesellschaft, steht den Landtagsabgeordneten Rede und Antwort. Alle sechs Jahre gebe es an allen Autobahnbrücken eine aufwendige Hauptprüfung hinsichtlich der Sicherheit, schildert sie. Nach drei Jahren noch mal eine einfache Prüfung. Daran ausgerichtet würden die notwendigen Maßnahmen für Instandhaltungen. Allein die A45 habe 60 große Talbrücken. Mit Blick auf die Rahmede-Talbrücke sei 2014 entschieden worden, einen Ersatzneubau zu errichten. Der Zustand der Brücke sei immer mit der Note 3,0 bewertet worden. Erst Laser-Scan-Untersuchungen im November 2021 hätten „erste dramatische Ergebnisse“ geliefert, so dass die Sperrung beschlossen wurde. Zuvor habe es aus damaliger Perspektive keine Eilbedürftigkeit gegeben. Dies vor dem Hintergrund, dass andere Talbrückenprojekte dringlicher erschienen. Es müsse nun mal priorisiert werden. Die Straßenbaumanagerin spricht in diesem Zusammenhang von einer „Mangelverwaltung“.

Die Rahmede-Talbrücke sei einst für eine Verkehrsbelastung von 25 000 Fahrzeugen täglich geplant worden. Später seien es aber mehr als 64 000 pro Tag gewesen. Und die Lkw seien schwerer geworden. „Das geht auf die Substanz.“ Heißt das, dass schon bald weitere Brückensperrungen drohen? Dazu sei ihr nichts bekannt, sagt die Bauingenieurin. Aber: „Da kann ich Ihnen nur meinen aktuellen Stand sagen, ob der morgen anders ist, kann ich nicht sagen: Unserer Autobahnen sind für diese Verkehrsbelastung nicht ausgelegt.“