Rhein Fire gewinnt ELF-Finale Wie Jadrian Clark sein Narrativ verändert hat – und warum es ihm egal ist

Duisburg · Rhein Fires Quarterback hat mit dem ELF-Titel auch die Sicht auf ihn selbst verändert. Wichtig ist ihm das eigenen Aussagen zufolge aber nicht.

 Rhein Fires Quarterback Jadrian Clark fängt den Ball.

Rhein Fires Quarterback Jadrian Clark fängt den Ball.

Foto: dpa/Marcus Brandt

Ein leichtes Lächeln war auf dem Gesicht von Rhein Fires Quarterback Jadrian Clark zu sehen, als zu Beginn der Pressekonferenz am vergangenen Samstag der Grund für eben diese genannt wurde: Das Championship Game in der European League of Football (ELF) zwischen Rhein Fire und Stuttgart Surge. Ein kleines Zeichen, wie er sich auch persönlich auf dieses Finale freute, wo er doch ansonsten immer auf das Team verwies. Wie auch im ersten Satz, als er zu Wort kam: „Gut, dass wir kein Golf spielen. Das ist Football, ein Teamsport. Es geht nicht um ein Individuum, sondern um eine Gruppe.“ Doch am folgenden Samstagabend ging es zumindest für einige Minuten durchaus um das Individuum Clark. Nämlich, als er als Most Valuable Player (MVP), also wertvollster Spieler, der ELF 2023 ausgezeichnet wurde.

Natürlich vergaß er bei seiner Rede hinterher nicht seine Teamkameraden, Coaches und alle anderen von Rhein Fire – Offensive Tackle Sven Breidenbach stand mit auf der Bühne –, doch zumindest für einige Zeit war Clark der Mittelpunkt, ob nun gewollt oder nicht. Nach der Verleihung galt es viele Hände zu schütteln und Fotos zu machen, bevor er sich dann nach Hause verabschieden konnte. Am Sonntag wartete schließlich noch eine letzte große Aufgabe, die er mit Bravour löste: 53:34-Sieg, sechs Touchdown-Pässe. Seine zuvor letzten zwei echten Endspiele hatte Clark verloren. 2020, als Clark in Wien den Titel gewann, wurde der österreichische Meister wegen der Corona-Pandemie nur zwischen zwei Teams im Best-of-Five-Modus ausgespielt. 2021 stand der Quarterback mit den Hamburg Sea Devils im ersten ELF-Finale und verlor gegen Frankfurt. 2019 spielte er mit den Schwäbisch Hall Unicorns im German Bowl gegen Braunschweig und verlor ebenfalls.

Clarks Head Coach damals war Jordan Neuman, heute Cheftrainer bei Stuttgart Surge. Es war die allererste Niederlage für Neuman nach 50 Siegen in Folge. Darauf angesprochen, ob noch Kontakt bestünde, sagte dieser, dass es mit der Zeit natürlich weniger geworden sei, man aber hier und da miteinander spreche. „Ich habe ihn aus der Ferne verfolgt“, sagte der 40-Jährige. „Es ist nicht überraschend, ihn in einem weiteren Finale zu sehen.“

Trotz der überragenden Saison konnte man hier und da noch ganz leichte Zweifel an Clark vernehmen. Kann er nun auch in diesem großen Finale abliefern? Bei einer Quarterback-Rangliste vor der Spielzeit war er vom Portal „American Football International“ sogar nur auf Rang elf aller Spielmacher der Liga gelistet worden. „Clark muss erneut beweisen, dass er große Spiele gewinnen kann“, hieß es da unter anderem. Aber musste er das wirklich? Der 29-Jährige blockte ab: „Nein, definitiv nicht. Wie ich schon sagte: Es ist ein Teamsport.“

Die Sache ist jedoch die: Auch im Teamsport werden Geschichten immer von hinten erzählt. Soll heißen: Hätte Clark wieder im Finale verloren, wäre genau das in Erinnerung geblieben – und zwar noch vor der MVP-Saison mit fabelzahlen wie den 57 Touchdown-Pässen. Ob das nun fair ist oder nicht. Doch der Punkt, den Clark die ganze Zeit machen wollte, ist der: Für das Finale am Sonntag spielte das überhaupt keine Rolle: „Es ist nicht die Jadrian-Clark-Show. Es ist Rhein Fire gegen Stuttgart Surge.“

Und das betonte der Quarterback auch hinterher, als er auch zum MVP des Finals ausgezeichnet worden war: „All diese individuellen Awards bedeuten mir nicht viel.“ Zudem lobte er wie immer seine Mitspieler: „Die Offensive Line hat einen unglaublichen Job gemacht. Die Wide Receiver haben sich freigelaufen. Glen und Sergej (Toonga und Kendus, Anm.d.Red.) haben beide im Lauf- und Passspiel gut gespielt. Wir haben als Team einen Weg gefunden, zu gewinnen, und das ist das Schöne.“

Und doch hat Clark die öffentliche Sicht auf ihn verändert. Mit einer Niederlage wäre er zwar der Top-Regular-Season-Quarterback gewesen, aber auch einer, der im Finale wieder einmal verlor. Jetzt ist er der, der einen schwer zu knackenden Touchdown-Rekord aufstellte, MVP wurde und sein Team zu einer perfekten Saison mit dem Titelgewinn führte. Zweifel an seinen Fähigkeiten gibt es spätestens jetzt keine mehr. Doch dass es eben so läuft, muss noch lange nicht bedeuten, dass es für Clark eine Bewandtnis hat.