Fluss-Renaturierung in Grevenbroich Die Erft bekommt ein neues Bett
Grevenbroich. · Der Fluss wird sich gravierend verändern – auch im Bend ist ein komplett neuer Verlauf geplant.
Die Erft prägt die Stadt Grevenbroich, doch der Fluss wird in einigen Jahren nicht mehr derselbe sein wie heute. Schritt für Schritt setzt der Erftverband sein „Perspektivkonzept 2045“ um. An mehreren Stellen im Stadtgebiet – etwa bei Wevelinghoven und im Bend – müssen Grevenbroicher damit rechnen, dass der Fluss künftig einen ganz anderen Verlauf nimmt. Der Erftverband versichert, dass Stadt und Bürger in die Planung einbezogen werden.
„Wir wollen die Erft fit machen für die Zeit nach dem Braunkohletagebau, wenn kein Sümpfungswasser mehr eingeleitet wird“, erläutert Christian Gattke, Leiter der Abteilung Flußgebietsbewirtschaftung beim Verband in Bergheim. Der Fluss werde künftig nur noch 3,45 bis vier Kubikmeter Wasser in der Sekunde führen, „weniger als die Hälfte des Wasserdurchflusses heute“.
Die Erft wird dafür „umgebaut“ und naturnah gestaltet, 23 Abschnitte zwischen Bergheim-Thorr und der Mündung in Neuss sieht das Konzept zur Umgestaltung der Erft vor. Wo möglich, soll der seit dem 19. Jahrhundert kanalisierte Fluss sich wieder durch die Landschaft schlängeln – „mäandern“. Die Erft soll zu einem ökologisch wertvollen Lebensraum für Tiere und Pflanzen werden – beispielsweise mit Flachwasserzonen mit geringer Strömung.
„Kosmetische“ Korrekturen reichen dafür nicht aus. „Wir sind dabei, einen Gesamtprojektplan aufzustellen, die 23 Abschnitte mit Zeiten zu belegen“, erläutert Abteilungsleiter Christian Gattke. Die aktuelle Diskussion über ein früheres Ende des Tagebaus wird natürlich auch in Bergheim mit großem Interesse verfolgt. „Wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, müssen wir das Planungsziel 2045 nach vorn verlegen.“
Wie der Fluss künftig aussehen soll, ist schon jetzt bei Bergheim-Kenten zu sehen, „die Bestände der Barbe haben sich dort schon gut entwickelt“, berichtet Christian Gattke. Auch entlang der Frimmersdorfer Höhe wurde der Fluss bereits auf einem Abschnitt „entfesselt“.
Mitte Januar sollen die ersten Arbeiten für ein weiteres Stück beginnen, für einen „etwa 500 Meter langen Abschnitt an der Frimmersdorfer Höhe in Richtung Kreisstraße 39“, kündigt Gattke an. Auf einer Uferseite werden dabei Wasserbausteine entfernt, um mit ihnen auf der anderen Fluss-Seite Buhnen zu schaffen. „Das führt zu einer pendelnden mäandrierende Strömung und zu Uferabbrüchen“, informiert der Abteilungsleiter. Zudem sollen Inseln aufgeschüttet werden, das dort wachsende Röhricht soll etwa dem Flußregenpfeifer Brutstätten bieten.
Überraschendes enthalten Konzept-Skizzen für die Erft im Bereich des Bends. Danach würde die Erft mitten durch das heutige Tiergehege fließen nicht weit von der Grillhütte entfernt. Droht der beliebten Freizeitstätte das Aus, werden die heutigen Tiergehege künftig überschwemmt? Nein, beruhigt Christian Gattke. „Wir werden den Tieren nicht den Platz wegnehmen, das Tiergehege bleibt auf jeden Fall bestehen.“ Bei den Skizzen im Konzept habe es sich „um eine erste Idee, nicht um eine feste Planung“ gehandelt.
„Wir werden uns in der Detailplanung den Gegebenheiten anpassen.“ Der Erftverband werde die Pläne zur Renaturierung „intensiv mit der Stadtverwaltung und der Öffentlichkeit erörtern“, versichert der Gewässerexperte. „Am Erftpark in Euskirchen haben wir unsere Pläne bei mehreren Terminen vorgestellt, beispielsweise zur Demonstration den neuen Flussverlauf abgesteckt“, erläutert Gattke. In die Planung für den Bereich am Bend wolle der Erftverband im Jahr 2019 einsteigen. Der „Erft-Umbau“ dort ist um 2023 geplant. „Das ist ein sportliches Ziel“, sagt er.
Große Änderungen sind auch bei Wevelinghoven geplant, dort ist der Umbau für Mitte der 2020er Jahre vorgesehen. Die Erft soll dort ins so genannte Taltiefste, ein ganzes Stück westlich von der Gartenstadt entfernt, verlagert werden. Bereits vor Jahren waren Wevelinghovener in Sorge, dass der Fluss in Zukunft nicht mehr am Ort vorbei fließt. Der Erftverband hat aber auch eine Planungsvariante erarbeitet, bei der zusätzlich auch das heutige, das Stadtbild prägende Flussbett noch Wasser führen wird.