Kraftwerk Neurath Neurath: Aktivisten besetzen Turm

Grevenbroich. · Aktivisten von Greenpeace haben Montag den Kühltturm in Neurath besetzt. Sie fordern, dass noch in diesem Jahr vier RWE-Blöcke abgeschaltet werden.

Vertreter von Greeenpeace und Medien verfolgten in der Nähe des Kraftwerk-Eingangs die Ereignisse.

Foto: Dieter Staniek

Der Kühlturm des 300-Megawatt-Blocks A in Neurath bot am Montag ein ungewohntes Bild. Ein gewaltiges X prangte unter dem Wolkenverhangenen Himmel auf dem 100 Meter hohen Bauwerk, darunter war auf einem gelben Transparent „Abschalten!“ zu lesen. 25 Umwelt-Aktivisten von Greenpeace hatten am Morgen den Kühlturm besetzt, ihn mit dem roten X symbolisch „ausgestrichen“. Am Nachmittag waren die 70 Liter nach oben transportierte Farbe auf die Wand aufgebracht. Greenpeace fordert das Abschalten von vier RWE-Blöcken in Neurath und Niederaußem bereits 2019.

RWE Power hielt die Aktion auch wegen des schlechten Wetters für gefährlich. Es regnete und war windig. Dennoch kletterte am Morgen das Greenpeace-Team den rund 100 Meter hohen Kühlturm hoch. Wie es auf das Werksgelände gelangt war, sagte die Umweltorganisation nicht.

Polizei und Werkfeuerwehr waren im Einsatz. „Um 8.50 Uhr wurden die ersten Personen auf dem Kühlturm gesichtet“, berichtete Guido Steffen, Sprecher von RWE Power, in Neurath. Einige Menschen, von unten als kleine Punkte wahrnehmbar, bewegten sich auf der Krone des Kühlturms in rund 100 Metern Höhe. Mehrere Aktivisten hatten sich abgeseilt, warteten auf den günstigen Zeitpunkt, um das Banner mit der Aufschrift „Abschalten!“ zu entrollen. „Eigentlich wollten wir bereits früher fertig sein, aber wir mussten wegen Windboen warten“, erläuterte am Boden Karsten Smid. Der Klima- und Energieexperte von Greenpeace weiß, wie sich seine Kollegen oben fühlen. Vor Jahren hatte er selbst auf einem Kühlturm in Neurath gegen den Bau der neuen BoA-Blöcke demonstriert. „Das sind gute Kletterer“, sagt Smid.

Greenpeace: Aktion
ist als Signal gedacht

Diesmal ging es nicht um den Neubau, sondern ums Abschalten. Greenpeace demonstrierte „gegen ein weiteres Verzögern des Kohleausstiegs durch Wirtschaftsminister Peter Altmeier“. Zehn Monate, nachdem die Kohlekommission den Plan zum Ausstieg aus der Kohle vorgelegt habe, sei noch nicht ein Block abgeschaltet worden. „Sollte Peter Altmeier den Kohleausstieg weiter ausbremsen, kündigt er damit den ausgehandelten Kohlekrompromiss auf“, betont Karsten Smid. „Wir fordern die Umsetzung des Kohlekompromisses 1:1. In einer ersten Phase bis zum Jahr 2022 sollen in NRW Blöcke mit 3,1 Gigawatt-Gesamtleistung vom Netz“, so Smid. „Wenn die Union den Ernst der Klimakrise akzeptiert, muss sie noch in diesem Jahr die ersten Kohlemeiler abschalten. Wir fordern, 2019 die vier 300-MW-Blöcke A und B in Neurath sowie C und D in Niederaußem, insgesamt 1,2 Gigawatt, vom Netz zu nehmen.“ Die Aktion sei als Signal gedacht, „dass der Kompromiss ohne Tricks und Verzögerungen umgesetzt werden muss.“ Das Kraftwerk Neurath gehöre mit einem CO2-Ausstoß von 32 Millionen Tonnen pro Jahr“ zu den „klimaschädlichsten in Europa“. Block A blieb während der Besetzung im Betrieb. RWE-Sprecher Guido Steffen sprach auch angesichts des Wetters von einer gefährlichen Situation für die Besetzer. „Es kann leicht passieren, dass man ausrutscht, daneben tritt und in die Tiefe stürzt.“ Der Konzern habe nicht die Polizei gebeten, die Aktivisten vom Turm zu holen.

RWE Power hat nicht nur wegen der Gefahr kein Verständnis für die Aktion: „Wir haben einen Rahmen für den Braunkohleausstieg, der zurzeit in Gesetze und Verträge umgesetzt wird“, sagt Steffen. Das Aus für die Braunkohleverstromung ist für 2038 vorgesehen, schon vorher soll ein großer Teil der Kraftwerksblöcke stillgelegt werden. „Greenpeace gehörte der Kommission an, hat den Kompromiss mitgetragen“, betont Steffen. Am Nachmittag machten sich die Aktivisten an den Abstieg. „Die Polizei wird die Personendaten aufnehmen, dann werden wir sie vom Werksgelände fahren“, kündigte Steffen an. RWE werde Anzeige wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung erstatten.