Jäger erschießt Therapiehund im Wald
Frauchen wurde angeblich mit vorgehaltener Waffe gezwungen, ihre Hündin sofort im Wald zu begraben.
Neuss. Der 13. April war der erste warme Frühlingstag vor zwei Jahren. Betty Lübbers machte mit ihrer Schäferhündin Ildiko noch eine Abendrunde durch den Wald bei Korschenbroich im Kreis Neuss. „Ich habe ein paar Sekunden nicht aufgepasst. Plötzlich hörten wir einen Knall“, erinnert sich die Krankenschwester.
Kurz danach kam Ildiko schwer verletzt auf die 49-Jährige zugelaufen — und brach dann zusammen. Ein inzwischen 80 Jahre alter Jäger hatte das Tier ohne jede Vorwarnung abgeschossen. Wegen Nötigung und Tötung eines Wirbeltieres sollte sich der Waidmann vor dem Neusser Amtsgericht verantworten, erschien aber lieber erst gar nicht.
Betty Lübbers wird den Tag niemals vergessen. Erst kurz zuvor war sie nach einer schweren Krebsoperation aus dem Krankenhaus entlassen worden: „Ildiko war mein Rettungsanker.“ Rund 1800 Euro hatte die Krankenschwester in die Ausbildung als Therapiehund gesteckt. Mit Besuchen in bei Demenz- und Alzheimer-Patienten wollte sich die Kranken schwester eine neue Existenz aufbauen: „Ildiko konnte alles. Türen aufmachen oder Socken ausziehen.“
Normalerweise hörte die Hündin auch aufs Wort, doch an dem Tag hatte Betty Lübbers sie ein paar Sekunden aus den Augen verloren. Als Ildiko von zwei Schüssen getroffen wurde, konnte man ihr nicht mehr helfen: „Ich wollte das Tier mitnehmen. Aber das hat der Jäger mit verboten.“ Der 80-Jährige habe ihr seine Flinte vor den Kopf gehalten und angeordnet, dass die Hündin sofort im Wald begraben wird: „Offenbar sollten alle Beweise vernichtet werden.“
Während Betty Lübbers völlig aufgelöst ihren Wagen holte, beerdigte ihr damals 14-jähriger Sohn Ildiko. Das Grab wird bis heute regelmäßig gepflegt, frische Blumen und die Lieblingsspielzeuge der Hündin liegen auf dem Gedenkstein. Der Jäger hatte damals behauptet, Ildiko habe zwei Rehe gejagt, davon sei eines trächtig gewesen. Deswegen habe er die Schäferhündin töten müssen.
Inzwischen haben sich bei Betty Lübbers aber auch andere Spaziergänger gemeldet, die ebenfalls von dem Waidmann bedroht worden sind. Einige davon wollten den Prozess vor dem Neusser Amtsgericht verfolgen, doch die Anklagebank blieb leer. Der Rentner war zur Verhandlung einfach nicht erschienen.
In Abwesenheit wurde der 80-Jährige zu einer Geldstrafe von 1600 Euro verurteilt. „Das ist nicht gerecht. Wenn man ihm wenigstens den Jagdschein weggenommen hätte“, ärgert sich die Krankenschwester. Sie überlegt nun, ob sie den Jäger nach der Verurteilung auch zivilrechtlich zur Verantwortung ziehen wird.