Flüchtlingssituation in Kaarst Platzproblem in Kaarster Unterkünften

Kaarst · Nachdem in den ersten drei Monaten mehr als 80 neue Flüchtlinge nach Kaarst kamen, gibt es Sorgen um den benötigten Platz. Im Sozialausschuss schrillten daher die Alarmglocken.

In dieser Unterkunft an der Ludwig-Erhard-Straße im Kaarster Westen sind aktuell 34 von 36 Plätzen belegt.

Foto: Stephan Seeger

Sind die Menschen in Syrien nach dem Machtwechsel vom Regen in die Traufe gekommen? Diese Frage beschäftigt auch die Verwaltung. Nicht zuletzt wegen eines Massakers, das über 1000 Menschen das Leben kostete, ist an Rückführungen von Flüchtlingen nach Syrien aktuell nicht zu denken – im Gegenteil: Die Zahl der Flüchtlinge, nicht nur aus Syrien, steigt gerade wieder spürbar an. Wo sollen diese Menschen alle untergebracht werden?

Im Sozialausschuss schrillten jetzt die Alarmglocken. „Die Unterkünfte sind pickepackevoll und in den ersten drei Monaten kamen bis jetzt 82 Menschen, das ist schon eine Hausnummer“, sagte Katrin Lukowitz von den Grünen. Die Zahl der Flüchtlinge in Kaarst steigt seit 2020 kontinuierlich. Im gesamten Jahr 2020 kamen deutlich weniger Schutzsuchende nach Kaarst als bis jetzt in 2025 und auch 2021 waren es weniger als im ersten Quartal dieses Jahres. 2023 gab es knapp über 200 Flüchtlinge, im vergangenen Jahr waren knapp unter 300. Im Rahmen eines Genossenschaftsprojekts sollen weitere Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden – diese geplanten Unterkünfte sollen vor allem Wohnraum für Flüchtlinge bieten, aber auch für Personen mit Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein unabhängig von ihrer Herkunft, also auch für Deutsche.

Geplant sind zwei Wohnhäuser mit 15 und 16 Wohneinheiten für Schutzsuchende an der der Glehner Straße in Büttgen. Zudem soll ein Haus mit zwölf Wohnungen für Familien entstehen. An der Humboldstraße schräg gegenüber des Kaarster Bahnhofs werden 21 öffentlich geförderte Wohnungen für Menschen mit Wohnberechtigungsschein entstehen. Auf einer Fläche „Am Hoverkamp“ will die Genossenschaft für kommunale Wohnraumversorgung zwei Häuser mit 30 Wohnungen für Schutzsuchende bauen. Im Dezember 2024 wurde dafür ein Förderdarlehen in Höhe von über acht Millionen Euro beantragt. Außerdem ist der alte Standort der Gesamtschule beziehungsweise der früheren Hauptschule und Realschule in Büttgen für die Unterbringung von Flüchtlingen umgebaut worden. Nach wie vor soll die Belegung von Turnhalle weitestmöglich vermieden werden, und zwar aus zwei Gründen: Eine Intimsphäre ist für die dort Untergebrachten nur in eingeschränktem Maße gegeben. Außerdem werden die Hallen für den Schul- und Vereinssport dringend benötigt.

Aktuell wird im Stadtgebiet nur die Turnhalle an der Halestraße für die Unterbringung von Geflüchteten genutzt – zurzeit sind es 40 Personen. In diesem Jahr sind 23 Ukrainer nach Kaarst gekommen, gefolgt von 21 Afghanen, 14 Türken und 13 Syrer. Im gesamten Stadtgebiet sind zurzeit 222 Syrer untergebracht und 176 Ukrainer – auf Platz drei mit großem Abstand folgen 54 Afghanen.

Wie eng es in den Übergangswohnheimen langsam, aber sicher ist, machen diese konkreten Zahlen deutlich: Am Standort Ludwig-Erhard-Straße sind von den 36 Plätzen 34 belegt, gleich nebenan sind von den 37 Plätzen 30 belegt. Die Daimlerstraße 8 und 10 ist schon jetzt leicht überbelegt: Wo eigentlich nur 50 Plätze sind, sind zurzeit 51 Personen, wo 25 Menschen Platz haben sollen, sind 29 untergebracht. In die Turnhalle Halestraße würden theoretisch noch acht Menschen reinpassen – theoretisch, weil der Raum aufgeteilt ist in acht Wohneinheiten.

Die Stadt hat aktuell 65 Wohnungen angemietet, nur eine ist derzeit noch frei, insgesamt sind in den angemieteten Wohnungen 214 Menschen untergebracht. In den stadteigenen Wohnungen, es sind 17, gibt es keine freien Kapazitäten mehr.

Den Geflüchteten
Struktur geben

„Gibt es Syrer, die wieder zurückgehen?“, wollte Inge Jackisch (CDU) wissen. „Ich kenne keinen einzigen Syrer, der zurückgegangen ist“, sagte Bürgermeisterin Ursula Baum. Was sie beklagt: „Die meisten Flüchtlinge, vor allem Alleinstehende, brauchen eine Struktur.“ Die könnte beispielsweise ein Arbeitsplatz bieten.

„Wir brauchen Arbeitskräfte, müssen die Menschen entsprechend fördern“, erklärte die Bürgermeisterin. Dass es mit den Erwachsenen schwer werden könnte, scheint sie zu ahnen: „Die Kinder der Flüchtlinge sind eine Chance für uns.“ In jeder Sitzung möchten die Mitglieder des Sozialausschusses über den aktuellen Stand der Flüchtlingsunterbringung informiert werden.