Aus für Herzpfeil und Pedalen
Veralteter Schilderwald prägt Meerbuschs Verkehrswege. Seine Gültigkeit gibt Anlass zu Diskussion.
Meerbusch. Es war eine kleine Änderung in der Straßenverkehrsordnung - doch sie sorgte für große Rechtsunsicherheit. Am 1. September 2009 ist eine neue Straßenverkehrsordnung (StVO) in Kraft getreten. Manches fällt weg, anderes wird abgestuft, doch vor allem erklärt die StVO optische Veränderungen für verbindlich: Mädchen (Vorsicht, Kinder!) haben keine Zöpfe mehr, vor Bahnübergängen warnt nicht länger eine Dampflok, und das Auto, das eine Brücke herab ins Wasser stürzt, ist eindeutig ein neueres Modell.
Der Haken dieser Erfrischungskur: Der Gesetzgeber hat es versäumt, für eine Übergangsfrist die Gültigkeit auch der alten Verkehrszeichen festzuschreiben. Damit sind viele ältere Schilder seit September 2009 nicht mehr gültig. Für die Kommunen bedeutet das: Hohe Kosten für den Austausch. "Zwischen 60 und 80Euro kostet ein Schild, und die Installationskosten kommen noch dazu", sagt Stadtsprecher Michael Gorgs.
Für eine neue Dimension dieses "Schildbürgerstreichs" sorgte gestern der Bundesverkehrsminister: Die Neufassung der Straßenverkehrsordnung von September 2009 enthalte einen Formfehler und müsse neu gefasst werden, erklärte Peter Ramsauer (CSU).
Bis zum Herbst will Ramsauer nun eine neue Verordnung unter Dach und Fach haben. Er appelliert an die Bevölkerung, bis dahin alte wie neue Verkehrsschilder zu beachten und Bußgeldbescheide nicht wegen formaler Kriterien anzufechten.
Autofahrer in Meerbusch hätten dazu an vielen Stellen Anlass. Etliche Fahrtrichtungshinweise zeigen einen weißen, herzförmigen Pfeil auf blauem Grund, eine ausgemusterte Form, die auch viele Halteverbotsschilder prägt - beispielsweise an der vielbefahrenen und schmalspurigen Dorfstraße. Auch veraltete Hinweise auf einen geteilten Rad- und Fußweg findet man ohne Mühe. Woran man alt und neu unterscheidet? Zeichen mit Pedalen am Fahrrad sind alt - und damit eigentlich ungültig.
Heiko Bechert, Leiter des Fachbereichs Ordnung und verantwortlich für die Überwachung des ruhenden Verkehrs, hat erst gestern von der Problematik erfahren und will den Sachverhalt prüfen. "Das Ganze ist ja kein Spaß. Primär geht es um die Verkehrssicherheit", so Bechert. Bisher seien keine Widersprüche gegen Knöllchen eingegangen. Die Stadt würde ihnen aber stattgeben, wenn das Bußgeld erwiesenermaßen durch ein altes Verkehrszeichen begründet wäre. Andere Kommunen handeln ähnlich: Weil Aachen gewisse Straßenschilder als ungültig betrachtet, will die Polizei an einigen Kreuzungen und Einmündungen keine Falschabbieger mehr zur Rechenschaft ziehen. Und auch die Stadt Duisburg kassiert von Parksündern keine Straftickets mehr ab, wenn diese aufgrund alter Schilder erteilt wurden.