Aus Osterath kommen begehrte Modellflugzeuge

Mit acht Jahren baute Volker Klemm (62) seinen ersten Drachen. Heute ist er namhafter Flugzeug-Konstrukteur.

Foto: Anne Orthen

Wenn jemand die Bezeichnung „Tüftler“ verdient hat, dann Volker Klemm (62). Der Osterather baut nicht nur seit Jahrzehnten Modellsegelflugzeuge für Hobbyflieger, sondern auch alles dazu gehörige Zubehör wie Transporttaschen oder Werkzeug. Dabei hat er sich über all die Jahre einen solchen Namen in der Szene gemacht, dass Bestellungen für neue Modellflugzeuge nur noch nach Warteliste abgearbeitet werden. „Wer jetzt bestellt, bekommt sein Flugzeug frühestens in vier bis fünf Jahren.“

Angefangen hat alles, als der kleine Volker acht Jahre alt war. „Schon damals hat mich alles fasziniert, was sich in der Luft bewegt hat.“ Die ersten Drachen entstanden, wurden dem Jungen aber schnell langweilig. So ganz nebenbei entwickelte sich Volker Klemm zum Tennis-As und gründete eine Tennisschule. Nebenher studierte er Maschinenbau und Verfahrenstechnik.

Dann machte er seine Leidenschaft zum Beruf und begann, Modellflugzeuge zu bauen. 1979 gründete er seine Firma Sport Klemm, die noch heute existiert und die seinen kompletten Kellerraum im Osterather Eigenheim einnimmt. In der einen Ecke das Büro, nebenan die Werkstatt mit Arbeitstischen, vielen Zeichnungen, Blättern und einem großen Ofen, in dem alle Flugzeugteile über Stunden getrocknet werden. In diesem Kellerraum entstehen seit Jahrzehnten Flugzeuge mit einer Spannweite von rund 4,5 Metern. Wie viele Flieger Klemm über all die Jahre hergestellt hat? Das weiß er nicht. Hunderte auf jeden Fall.

Volker Klemm über seine Kunden

Glasfaser ist die Basis für seine Flugzeuge, die er beim Spezialisten kauft. Diese Rollen mit dem Grundstoff werden beim Spezialisten eingekauft und hängen an einer Wand seines Kellerraums. Davon zieht er die Bahnen ab, die er fürs neue Flugzeug braucht und tränkt den Stoff in Harz. Wie das Flugzeug dann wächst und wächst — so richtig darüber reden will der Tüftler nicht — Betriebsgeheimnis! Aber er ist eben auch einer der wenigen, der so baut und so bekannt ist in der Szene. „Vielleicht gibt es noch eine Handvoll anderer, die die gleiche Passion haben wie ich.“ Darum will er auch nicht alle Bau-Details verraten.

Die Flugzeugteile kommen komplett mit Farbe, Lackierung und Aufdruck in eine Form, ähnlich einer Backform für einen überdimensionalen Kuchen. Sie bleiben einen Tag im Ofen und müssen dann noch montiert werden. Klingt einfach, ist aber ein ausgeklügeltes System für einen Fachmann, der rund 120 Stunden für jedes Fluggerät braucht.

Die ultraleichten Modelle, die Klemm baut, haben alle den gleichen Namen: Flying Special. Nur die Modellnummern ändern sich. Seine Kunden sind ähnlich verrückt wie er: „Das sind Freaks, die zur Entspannung eben einfach mal den Segelflieger gleiten lassen“, so Klemm.

Viele nehmen mit Flying Specials aber auch an Wettkämpfen teil — und belegen erste Plätze. Denn das besondere Kennzeichen der Klemm-Flieger ist ihre enorme Belastbarkeit. Die Modelle können Geschwindigkeiten von 300 km/h erreichen. „Meine Flugzeuge haben eine hohe Festigkeit, sind aber andererseits so leicht wie möglich.“ Schließlich sollen die rund 4,5 Kilogramm schweren Flugzeuge auch in einen Rucksack passen, mit dem die Hobbyflieger Berge hochkraxeln und dann ihre Flugzeuge starten.

Der teuerste Flieger made in Osterath kostet 5000 Euro, Kunden kommen aus Kanada, Australien oder den USA, die meisten Klemm-Flieger aber schweben über den Alpen. Und noch etwas Besonderes gibt es in der Firma Sport Klemm: Der Tüftler kann auch 20 Jahre nach dem Bau eines Fliegers immer noch Ersatzteile liefern. Oder stellt sie ansonsten eben selbst her.

Wenn Volker Klemm, der auch einen Drachenflugschein besitzt, die Zeit hat, lässt er seine Flieger auch selber in die Luft — am liebsten im Braunkohletagebau. „An den Hängen bekommen die Flugzeuge richtig Speed, fliegen 200 Stundenkilometer.“ Dann ist der 62-Jährige in seinem Element — in der Natur, mit dem Wind.