Das Spargelstechen will gelernt sein
Die Saison beginnt in diesem Jahr so früh wie noch nie. Bis zu 150 Kilogramm pro Tag ernten Albert Bacher und sein Team.
„Tiefer graben“, sagt Albert Bacher, „und jetzt mit dem Messer von unten reinstechen.“ Die Spitze des ein Meter langen Spargelmessers bohrt sich unter die weiche Erde. Ein zweiter Stich, ein dritter, dann zieht Spargelbauer Bacher die weiße Stange heraus. Er mustert sie und zeigt auf das zerfranste Ende: „Die Stange ist jetzt beschädigt, die verkaufe ich als Bruchspargel für zwei Euro das Kilo.“
Zwischen neun und zwölf Euro nimmt Bacher auf seinem Böllershof für das Kilogramm ungeschälten weißen Spargel. Das Gemüse kommt von seinem zwei Hektar großen Feld. Jeden Tag stechen seine zwei Mitarbeiter Adam und Piotr die weißen Stangen. Das Feld ist in 40 Reihen unterteilt, Reihe für Reihe arbeiten sich die beiden Männer vor. Je nach Wetterlage und Temperatur ernten sie zwischen 120 und 150 Kilogramm pro Tag.
Albert Bacher, Spargel-Bauer
Eigentlich bräuchte Bacher mehr Mitarbeiter auf seinem Feld. Denn die Spargelsaison ist seit Anfang April in vollem Gange — so früh wie noch nie. „Wir hatten einen sehr milden März, und die Konkurrenz wird nicht weniger“, sagt der 63-Jährige. Normalerweise läuft die Spargelsaison exakt zwei Monate, vom 24. April bis zum Johannistag am 24. Juni. „Es ist verrückt, dieses Jahr haben sogar schon Kunden im Februar angerufen und gefragt, warum wir denn noch keinen Spargel hätten. Im Juni ebbt die Nachfrage dann schnell ab.“
Von links nach rechts läuft Piotr die Feldreihe ab. Plötzlich stoppt er. Da lugt er heraus. Der kleine weiße Spargelkopf. Mit beiden Händen schaufelt Piotr die Stange frei. Braune Erdklumpen fliegen durch die Luft. Dann greift er zum Messer und sticht zu. „Die Arbeit ist körperlich sehr anstrengend“, sagt Piotr, „besonders für den Rücken.“ Nachdem er die Reihe „abgestochen“ hat, bedeckt er sie wieder mit Schwarz-Weiß-Folie.
In der vergangenen Woche sind die Temperaturen wieder deutlich gesunken. Deswegen liegt jetzt die schwarze Seite oben. „Schwarz absorbiert Wärme“, erklärt Bacher. So sei der Spargel vor Kälte geschützt. Wird es tagsüber zu warm, drehen Mitarbeiter die Folie um, so dass Weiß oben liegt. „Generell schützt die Folie vor Tageslicht, sonst wird der Spargel blau und ungenießbar.“ Bacher zeigt auf einen violetten Spargelkopf, der aus der Erde schimmert. Diese Stange werde es wohl nicht ins Verkaufsregal schaffen.
Mit der Ernte, die es heute noch auf die Verkaufswaage schaffen soll, fährt Bacher zurück auf den Böllershof. Die Kisten mit den weißen Stangen bewegen sich auf dem Fließband zunächst durch die Spargel-Waschanlage. „Das ist erst die Vorwäsche“, sagt Bacher, der seit genau 20 Jahren Spargel anbaut. Mit rund 100 Litern Wasser pro Kiste werden hier bereits bis zu 80 Prozent der Erde und des Drecks entfernt.
Nächste Station: Schockkühlung. Eiswasser mit einer Temperatur um den Gefrierpunkt regnet sechs Stunden lang auf die Spargelkisten. Bis zu 2000 Kilogramm Spargel können in der Dusche gleichzeitig mit Wasser abgekühlt werden. „Wichtig ist nur, dass der Spargel nicht gefriert“, sagt Bacher. Nach dem Halt in der Sortier- und Abschneidemaschine, wo jede Stange einen schönen Schnitt bekommt, wird der Spargel durch den Schäl-Automaten gejagt. 16 Messer bearbeiten jedes Stück Gemüse gleichzeitig, nach zwei Sekunden rollt der deutlich dünnere Spargel wieder heraus. „Zwei Drittel unseres Spargelangebots besteht aus geschältem Spargel“, sagt Bacher, „grüner Spargel kommt ab nächster Woche hinzu.“ Grüner Spargel habe an Beliebtheit zugenommen, aber das sei eine Mode-Erscheinung, glaubt der Meerbuscher Landwirt. Ältere Menschen kämen häufig auf den Hof und wollen Spargel kaufen, weil der Arzt das empfohlen hätte. „Spargel entwässert.“
Experte für die Zubereitung ist nicht Albert Bacher, sondern seine Frau Silvia. „Spargel koche ich mit wenig Wasser. Neben Salz und Zucker würde ich noch eine halbe ungeschälte Zitrone dazugeben, dann behält er die weiße Farbe“, sagt sie. Gefrorenen Spargel sollte man nicht auftauen lassen, sondern direkt kochen.