Geänderte Pläne für Gerretz-Schule
Das Gebäude soll nicht für Flüchtlinge, sondern für Asylbewerber genutzt werden. Derweil verabschiedeten sich Schüler. Lehrer und Eltern von den Räumen in Osterath.
Weil das Land Nordrhein-Westfalen die Zahl seiner eigenen Notunterkunftsplätze auf 40 000 erhöhen will, wird es künftig nur noch 20 000 Plätze in den Kommunen voll finanzieren. Anders als bisher erwartet, wird das Gebäude der Barbara-Gerretz-Schule in Osterath deshalb keine Notunterkunft im Auftrag des Landes. 210 Flüchtlinge sollten dort untergebracht werden. Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage (CDU) kündigte in der jüngsten Ratssitzung an, dass das Schulgebäude stattdessen zu einer regulären Unterkunft für Asylbewerber umgebaut werden soll. „Wir müssen deshalb unsere bauliche Planung überarbeiten“, erklärte die Bürgermeisterin. Hintergrund: In Notunterkünften bleiben Flüchtlinge häufig nur ein bis zwei Wochen, bevor sie auf Städte und Gemeinden verteilt werden. Als anerkannte Asylbewerber bleiben sie deutlich länger in ihrer Unterkunft. Die Stadt will deshalb eine höhere Aufenthaltsqualität in dem Schulgebäude sicherstellen — das aber geht zu Lasten der Kapazität. „Wir werden deshalb eine Containeranlage mit 50 Plätzen parallel zur Turnhalle aufstellen“, kündigte Mielke-Westerlage an. Die vorbereitenden Bauarbeiten starteten bereits. Die Standflächen werden in diesen Tagen vorbereitet. Ein Lanker Unternehmer hatte der Stadt eine gebrauchte Containeranlage zum Vorzugspreis von 222 000 Euro angeboten. Ende Februar soll der Umbau fertiggestellt sein; im kommenden Monat lädt die Stadt Bürger zu einem Informationsabend ein. Mielke-Westerlage nannte im Rat aktuelle Zahlen. Die Zuweisungen seien zuletzt zurückgegangen. Die Notunterkunft in der Turnhalle des Büdericher Mataré-Gymnasiums (Kapazität: rund 200 Plätze) sei aktuell mit 21 Flüchtlingen belegt, die letzte Zuweisung erfolgte am 2. November. Das Land NRW wird nur noch bis Februar die Kosten tragen.
So könnte die Turnhalle nach einer Sanierung nach den Osterferien wieder für Schul- und Vereinssport zur Verfügung stehen. In den Turnhallen des Meerbusch-Gymnasiums leben zurzeit 277 Flüchtlinge. Das Land trägt die Kosten noch bis April. Aktuell hat die Stadt Meerbusch eine Reserve von 134 Plätzen, 24 davon in Mobilheimen, in denen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht werden sollen.
Während im Rat Entscheidungen zu „ihrem“ alten Schulgebäude getroffen wurden, feierten die Schüler und das Personal der Barbara-Gerretz-Schule am Freitag die letzten Schultage im alten Gebäude mit einem Abschiedsfest. Nach den Weihnachtsferien werden die Grundschulkinder im Gebäude der Hauptschule unterrichtet. Ab dem Sommer stoßen die Kinder aus der Erwin-Heerich-Schule zum Grundschulverbund hinzu. Dann werden nach aktueller Lage schon für eine geraume Zeit Asylbewerber im Schulgebäude leben. Auch zahlreiche Ehemalige sind gekommen. Zum Beispiel Christian Schrutek, der die Schule von 1971 bis 1975 besuchte. „Auch mein Vater war schon auf dieser Schule“, sagt er. Und sein Sohn Leon (8) ist es ebenfalls. Mit Ferdinand Sonnen, dem langjährigen Leiter der Barbara-Gerretz-Schule steht Schrutek in der Schulturnhalle, hört dem Abschiedslied zu. Anfang Dezember, bekennt Sonnen, sei es ihm weh ums Herz geworden. „Als ich ins Klassenzimmer gekommen bin, in dem ich 20 Jahre unterrichtet habe, und es schon ,sehr aufgeräumt’ aussah.“ Jetzt heiße es aber, nach vorne zu schauen. „Schön, dass das Gebäude weiter sinnvoll genutzt wird“, sagt ein anderer ehemaliger Schüler, Jürgen Basels. Der 50-Jährige hat Anfang der 1970er Jahre ebenfalls die katholische Grundschule besucht. „Ich kann mich noch gut an eine Lehrerin erinnern, die mich immer am Ohr gezogen hat“, sagt er — und zupft sich unwillkürlich an eben jenem Körperteil.
An dem würde Susanne Wawredo gern auch die Stadtverwaltung ziehen. „Als die Eltern beim Umzug geholfen haben, hat sich von der Stadt niemand blicken lassen. Und uns wurde zugesagt, dass das Klettergerüst mit umzieht. Das haben Bauarbeiter abgeflext und erklärt, das sei kaputt.“ Tabea (11), Sophie (11), Svenja (11), Isabel (11), Elyssa (11) und Jana (12) sind auch ehemalige Schülerinnen und gern zum Fest gekommen. Tabea sagt: „Es ist schön, nochmal in die alte Schule zu gehen und unsere ehemaligen Lehrer zu treffen.“
Zum Schluss wird gesungen. Glockenhell erklingt es aus Dutzenden Kinderkehlen in der Turnhalle: „Alte Schule, altes Haus, du siehst heute anders aus. Bald gehen wir zum letzten Mal durch deine Tür. Neue Schule, neues Glück — und es führt kein Weg zurück.“