Gewagter Balanceakt auf dem Pferderücken
Im Voltigierzentrum lernen viele junge Mädchen das Zusammenspiel aus Turnen und Reiten.
„Als ich anfing zu voltigieren, wusste kaum jemand, um was es sich dabei handelt“, erzählt Sophie Haselhoff, eine der Trainerinnen des Vereins. Die Nischensportart, die laut Homepage als „Ballett im Galopp, Turnen auf dem Pferderücken, Kunst und Akrobatik rund ums Pferd“ bezeichnet werden kann, hat es schwer, sich gegen den normalen Reitsport durchzusetzen. Doch gerade in Meerbusch ist das anders, weil hier der Voltigiersport nicht als Anhängsel zum Reiten betrieben wird, sondern als eigenständige Sportart.
Ein Blick in die Halle während des Trainingsbetriebs zeigt ein buntes Bild. Kinder jeden Alters hüpfen die Bande entlang, um sich warm zu machen, während zwei Pferde ruhig ihre Runden an der Longe drehen. In einer Ecke üben Anna und Leni aus der Minigruppe für Kinder von vier bis fünf Jahren auf dem Holzpferd. „Jetzt macht beide bitte eine Fahne“, so Trainerin Nele. „Die Füße mehr strecken!“ korrigiert sie. Was auf dem unbeweglichen Gerät gar nicht so schwer ist.
Doch ganz anders sieht das aus, als Anna wenig später auf dem Apfelschimmel Obelix sitzt und der anfängt zu traben. Anna hüpft auf und ab. Mit beiden Händen hält sie sich an den Griffen des Gurtes fest, der sich anstatt eines Sattels auf dem Rücken des Pferdes befindet. Als sie ihre Balance gefunden hat, kann sie sogar die Griffe loslassen und die Arme in die Waagerechte strecken. „Prima“, lobt ihre Trainerin. „Das Schöne am Voltigieren, neben dem sportlichen Aspekt, ist, dass die Kinder intensiven Kontakt zum Pferd haben und sich ein Gruppengefühl entwickelt. Jeder muss sich auf den anderen verlassen können“, sagt Trainerin Anna Blum.
Denn das Voltigieren wird als Gruppensport betrieben. Jedes Mannschaftsmitglied zeigt bei Turnieren zunächst einzeln vorgegebene Pflichtübungen wie freies Stehen oder eine sogenannte Mühle. Danach stellt die gesamte Mannschaft eine Kür vor, bei der bis zu drei Gruppenmitglieder auf dem Pferd sind. Wagemutige Hebefiguren und akrobatische Elemente lösen sich ab, begleitet von einer passenden Musik. „Die Kür, die die Mannschaft in einheitlichen Trikots absolviert, stellt die Gruppe selber zusammen und ist oft auf ein Thema abgestimmt“, erzählt Blum. So zeige das Juniorteam, das im vergangenen Jahr das Rheinland bei den Deutschen Meisterschaften vertrat, eine Choreografie zu „Peter Pan“.
Die 34-Jährige hat ebenso wie ihre Schwester Sophie schon mit sechs Jahren angefangen zu voltigieren. Beide haben es in der Mannschaft bis zur Deutschen, Europa- und Weltmeisterschaft gebracht und besitzen das Goldene Voltigierabzeichen. Da der Sport noch relativ unbekannt ist, ist die Konkurrenz nicht so groß. Was die Leistung allerdings nicht schmälert. Auf dem galoppierenden Pferd einen Handstand, Spagat oder Flic-Flac zu machen, bedarf schon jahrelangen Trainings. Körperbeherrschung, Verantwortungsbewusstsein, Kreativität, Mut, Beweglichkeit und Selbstbewusstsein sind die Schlüsselworte, um ein erfolgreicher Voltigierer zu werden. Zurzeit besitzt das Voltigierzentrum mit seinen rund 140 Mitgliedern und 19 Trainern sechs Pferde, die der Verein selbst ausgebildet hat. „Es sind fast nur Mädchen, die sich für den Voltigiersport begeistern“, sagt Sophie Haselhoff. Was den Vorteil hat, dass sie sich bei Turnieren mit Schleifen und Bändchen im Haar schön herausschmücken können. Und so den Namen Meerbusch hoch zu Ross auf wunderschöne Art bekanntmachen. In den Osterferien bietet das Voltigierzentrum zwei Schnupperkurse an: vom 10. bis 13. April und vom 18. bis 21. April, jeweils nachmittags. Anmeldung sind per E-Mail möglich.
info@voltigierzentrum-meerbusch.de