Müllentsorgung in Meerbusch Siggi Sauber tourt seit fast 20 Jahren
Bauhofmitarbeiter Markus Tilgner verkörpert im Saubermobil das Meerbuscher Maskottchen.
Feste Arbeitshandschuhe müssen sein. Immer. „Man weiß ja nie, was in den Säcken steckt“, sagt Markus Tilgner, besser bekannt als Siggi Sauber. „Viele Leute denken, dass ich tatsächlich Siegfried oder Siggi heiße“, erzählt er und lacht. Dabei ist das nur der Name des Maskottchens des mobilen Saubermobils.
Mit dem orangen Mercedes Sprinter ist der 52-jährige Bauhofmitarbeiter im Meerbuscher Stadtgebiet und auf dem Rheindamm von Lörick bis Krefeld unterwegs, um beispielsweise die Papierkörbe an Bushaltestellen zu kontrollieren und zu leeren und die städtischen Containerstandorte sauber zu halten. Aber – und das ist das Besondere – Tilgner ist auch dann zur Stelle, wenn es irgendwo in der Stadt ein unerwartetes Müllproblem gibt oder tote Tiere auf der Fahrbahn liegen. Tilgner: „Falls die Strecke ein Schulweg ist, erledige ich das sofort. Schließlich sollen die Kinder nicht ständig an dem toten Tier vorbeilaufen müssen.“ Unter der Nummer 916123 ist Siggi Sauber für die Bürger rund um die Uhr erreichbar. „Persönlich oder sonst auf Band.“
An diesem Vormittag war „Siggi“ in seinem Saubermobil bereits in Bösinghoven und Osterath auf Tour. Nun ist er unterwegs zu einer illegalen Müllkippe in Strümp, unmittelbar an einem Feldweg. Bürger hatten ihm die am Feldrand abgestellten Säcke und Kartons über die Hotline gemeldet. Nachdem Markus Tilgner die ersten Säcke geöffnet hat, ist ihm schnell klar: „Da hat wohl jemand renoviert.“ Alte Tapeten, abgeschlagene Fliesen, Styropor-Reste und Betonstücke kann er auf den ersten Blick identifizieren. „Glücklicherweise keine Schadstoffe, Scherben oder andere Gefahrenstoffe.“ Seine Vermutung: „Da war mal wieder jemand zu faul oder wollte ein paar Euro sparen.“
Verständnis für Müllsünder hat er nicht. „Dass Müll entsteht, ist logisch. Aber so etwas muss nicht sein. Das schadet der Umwelt und geht auf Kosten der Allgemeinheit. Ich bin bestimmt kein Pedant und lasse gerne auch mal fünf gerade sein – aber das geht doch nicht.“ Eine Frau, die gerade mit ihrem Hund an der Müllkippe vorbeikommt, schüttelt ebenfalls den Kopf und nennt Tilgner direkt eine weitere Müllecke. „Ich werde mich drum kümmern“, versichert der. Seine Erfahrung: Die Müllsünder sind meist keine Ortsfremden, wie viele vermuten. „Das sind die Meerbuscher selbst, die sich ihre eigene Umwelt kaputt machen.“ In manchen Fällen gibt es aber Zeugen, die beispielsweise Datum, Uhrzeit und Autokennzeichen notiert haben. Dann verfolgt das Ordnungsamt die Müllsünder und verhängt möglicherweise ein Bußgeld.
Siggi Sauber nimmt auch schon mal Jugendliche „ins Gebet“
Seit 19 Jahren schon verkörpert Markus Tilgner die Kunstfigur Siggi Sauber. „Vorher habe ich für die Firma Trienekens Müllwagen gefahren, Anfang 2001 bin ich zum Bauhof Meerbusch gewechselt“, erzählt er. „Als dann im Herbst 2001 das Saubermobil mit Siggi Sauber erfunden wurde, habe ich das gemacht – und bin geblieben. Und ich muss sagen: Ich identifiziere mich mit dieser Rolle.“ Wenn er Urlaub hat oder krank ist, wird er vertreten. „Ansonsten bin ich Siggi Sauber.“ Und in dieser Rolle nimmt er es gelassen, wenn manche Leute ihre leeren Flaschen fein säuberlich im Karton neben dem halbleeren Glascontainer abstellen, antstatt sie dort hineinzuwerfen. „Dann bleibt das Einwerfen eben an Siggi Sauber hängen“, sagt er. „So etwas muss ich ausblenden, aufregen bringt in solchen Fällen nichts.“
Als Siggi Sauber ist Markus Tilgner auch so etwas wie eine moralische Instanz: „Einmal bat mich sogar eine Mutter, mit ihrem Sohn zu reden. Der hatte ständig den Papiermüll neben den Container geschmissen, und sie selbst kam gar nicht an den Jungen ran.“ Markus Tilgner hat dann mit dem Jugendlichen telefoniert. „Sie können sich vorstellen: Der war baff.“
Grundsätzlich sei Meerbusch eine saubere Stadt, sagt er. Aber: „Verglichen mit meinen Anfängen vor fast 20 Jahren ist es mehr Müll geworden, die Leute sind hemmungsloser.“ Besonders bei schönem Wetter sei der Grill-Abfall am Rhein eine Plage, und es gebe auch einige Ecken, die immer wieder hoffnungslos verdreckt seien. „Da kippen dann die Leute ihren Hausmüll einfach nach draußen und wundern sich, wenn die Ratten kommen“, berichtet er. „Absolut unverständlich.“ Aber es gibt auch viele positive Beispiele, etwa Görgesheide. „Total vorbildlich. Dort bin ich eigentlich nur zur Kontrolle unterwegs, ohne etwas machen zu müssen.“
Die Fahrt geht weiter. Der Müllwagen der Entsorgerfirma Schönmackers hupt im Vorbeifahren – man kennt sich. Dann klingelt die Freisprechanlage, eine alte Dame ist dran. Sie meldet einen vermüllten Parkplatz am Laacher Weg in Büderich. „Da ist schon wieder alles voll. Ich weiß nicht, was das für Menschen sind“, klagt sie. Nach ein paar Minuten ist das Telefonat beendet, Markus Tilgner hat zugesagt, die Ecke in den nächsten Tagen zu säubern. „Ich habe viele ältere Menschen in der Leitung, die auch ein bisschen quatschen und ihr Herz ausschütten möchten“, erzählt er.
Aber sein eigentlicher Job ist das Saubermachen. „Privat bin ich kein Pingel, aber ich pflege meine Sachen – und die Umwelt“, sagt der 52-Jährige. „Nur so haben wir lange genug etwas davon.“ Auch sein Dienstfahrzeug ist piccobello sauber. „Das ist schließlich mein Arbeitsplatz, und ich bin gerne im Saubermobil unterwegs.“ Am Rückspiegel baumelt ein Vanille-Duftbaum, auf der Ladefläche liegen griffbereit Besen, Säcke, Schaufel, Greifer und Harke. Wenn er sich als Siggi Sauber etwas wünschen könnte, was wäre das? „Keine große Sache: Dass die Leute ihren Müll bewusst dort entsorgen, wo er hingehört.“