Meerbusch: Rückblick auf den Autobahnausbau
Schon zu Beginn der 60er Jahre forderten Anwohner im Bovert eine Entlastung der B9, der damals schnellsten Verbindung zwischen Düsseldorf und Krefeld.
Meerbusch. Das Wirtschaftswunder hinterließ auch in den späteren Stadtteilen Meerbuschs seine Spuren: Im Dreieck zwischen Düsseldorf, Neuss und Krefeld siedelten sich immer mehr Menschen an. In Büderich entstand die Böhlersiedlung, in Osterath das Mühlenfeld und der Siedlungsschwerpunkt Bovert-Süd. Schon zu Beginn der 60er Jahre forderten Anwohner im Bovert eine Entlastung der B9, der damals schnellsten Verbindung zwischen Düsseldorf und Krefeld.
1960 sprachen die Tageszeitungen von einem "Verkehrschaos". "Wie viele Unfälle müssen denn noch passieren, bis sich die zuständigen Stellen regen?", fragt ein Anwohner der damaligen Düsseldorfer, heutigen Meerbuscher Straße, in einem Brief an den Regierungspräsidenten. Bundesverkehrsminister Hans-Christoph Seebohm im Kabinett Konrad Adenauers forderte einen zügigen Ausbau des Autobahnnetzes.
1970 sollte der A57-Abschnitt zwischen dem Kaarster Kreuz und dem heutigen Kreuz Meerbusch das Chaos mildern. Doch daran war erst zu denken, als 1971 die Verbindung bis Krefeld führte. Eine viel diskutierte Städteschnellverbindung Düsseldorf - Krefeld kam nicht zustande. Die Folge: Vor dem Bahnübergang in Osterath staute sich der Verkehr bis zurück zur Grundschule Bovert.
Eine weitere Rheinquerung sollte die Lage entspannen, doch zunehmend spielte der Umweltschutz eine Rolle: So forderte der Bedarfs- und Ausbauplan für Fernstraßen 1970 zwar klar den Ausbau der A44, doch versuchten Umweltverträglichkeitsstudien zu klären, ob und wieweit dies überhaupt möglich sein würde.
Denn was beim Bau der A57 zwischen 1969 und 1971 keine gravierende Rolle gespielt zu haben scheint, brannte vor allem den Meerbuschern nun unter den Nägeln: Die neue Trasse sollte bei Ilverich durch die geschützte Altrheinschlinge führen. Das Ringen um die richtige Planung prägte die 80er Jahre und setzte sich in den 90er Jahren mit gerichtlichen Auseinandersetzungen durch alle Instanzen fort.
Auch der in den frühen 80er Jahren immer stärker werdende Einfluss der Grünen trug dazu bei, dass das Thema A44 und die verschiedenen Ausbauvarianten in Meerbusch kontrovers und heftig ausdiskutiert wurden - auch vor laufenden Kameras und offenen Mikrofonen.
Zwar hatte der Rat der Stadt im Dezember 1980 beschlossen: "Indiskutabel und daher abzulehnen sind alle Brückenlösungen, da sie (...) vor allem auch die nördliche Ilvericher Altrheinschlinge (...) durchschneiden und damit zerstören würden."
Eine Tunnelvariante unter dem Rhein hatte allerdings wenig Chancen: Geschätzte Kosten von 700 Millionen Euro standen den 230 Millionen Euro gegenüber, die 1985 vom Bund für eine Rheinquerung eingeplant waren. Es bleibe bei der Brückenlösung, schrieb Verkehrsminister Volker Hauff an Meerbuschs Bürgermeister Ernst Nüse. Basta!
Zweifellos hat der immer schrillere Ton zwischen Bonn und Meerbusch am stärksten zur Gründung der Bürgergemeinschaft Stop A44 im Januar1985 beigetragen. Gemeinsam mit später entstandenen Gruppen wie der Schutzgemeinschaft Schürkesfeld, der Klagegemeinschaft Strümp-Ost und der A44-Solidargemeinschaft versuchten engagierte Bürger, den Schaden für die Natur so gering wie möglich zu halten.
Gegen den Plan einer Brücke über den Rhein legen im Herbst 1993 knapp 5000Bürger Widerspruch ein. Vor allem auf Betreiben der Stop A44-Bürgergemeinschaft an der Spitze mit Oliver Keymis, dem heutigen grünen Landtagsabgeordneten und Landtagsvizepräsidenten, wird eine kombinierte Tunnel-Brücken-Lösung gesucht - und gefunden.
Günstiger als die Volltunnellösung soll sie sein, da zwei Tunnel von 640 und 800Metern Länge in einem so genannten Trogverfahren gebaut werden, die darin abgesenkten Fahrbahnen das Landschaftsbild so wenig wie möglich stören.
Am 26.Juni 1998 beginnt der Ausbau der neuen A44-Trasse auf der Düsseldorfer Rheinseite. Mit einem Fest auf der Flughafenbrücke wird der A44-Lückenschluss vier Jahre später gefeiert, der durch die Meerbuscher Rheinaue - mittlerweile als besonders schützenswertes Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) ausgewiesen - gebaut wurde.
Im Jahr 2010 prägt die Brücke mit ihren Pylonen, die wie ein auf den Kopf gestelltes A angeordnet sind, das Bild der Meerbuscher Rheinfront.
Vergleichsweise weniger laut protestieren die Meerbuscher gegen den Ausbau der A57 von zwei auf drei Spuren in jede Fahrtrichtung. Ende der 90er Jahre fing er an. Kritisch werden in Meerbusch vor allem die Lärmschutzmaßnahmen und die veränderte Anlage der Raststätte Geismühle beobachtet.