Energieversorgung in Meerbusch Stadtwerke prüfen Breitband-Einstieg

Der Stadtwerke-Chef rechnet mit mehr Nutzern von Elektroautos und möchte neue Wohngebiete mit modernster Technik ausstatten.

Beim Videointerview ist Tafil Pufja, Geschäftsführer der Stadtwerke, der einzige auf der Etage. Viele Mitarbeiter sind im Homeoffice.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Sie sind seit April letzten Jahres Geschäftsführer der Stadtwerke. Mittlerweile müssten Sie vor dem Hintergrund der Pandemie viel Erfahrung mit Home Office und digitalem Arbeiten haben. Wo treffen wir Sie an?

Tafil Pufja: Heute bin ich im Büro und der einzige auf der Etage. Man „groovt“ sich so langsam ein in diesen Arbeitsmodus. Wir haben alle Mitarbeiter, die über Rechnerarbeitsplätze verfügen, konsequent mit Laptops ausgestattet. Aktuell arbeiten 60 Prozent der Mitarbeiter im Home Office. Wer im Büro arbeitet, sitzt im Einzelbüro. Seit Mitte November finden keine Präsenzmeetings mehr statt, wir treffen uns virtuell in Webkonferenzen. Das funktioniert gut. Bei Mitarbeitern mit handwerklichen Tätigkeiten, beispielsweise Zählermonteuren, ist es natürlich erforderlich, dass sie vor Ort sind. Wir haben sie schon früh mit FFP2-Masken ausgestattet und waren dabei den aktuellen Maßnahmen voraus. Es ist sehr wichtig, dass die Technik reibungslos funktioniert.

Das neue Jahr bringt durch die CO2-Steuer eine Erhöhung der Gaspreise? Müssen Sie befürchten, dass Kunden der Stadtwerke Meerbusch versuchen, mit einem Anbieterwechsel günstigere Preise zu bekommen?

Pufja: Wir müssen dem Wettbewerb standhalten, aber das kennen wir seit der Liberalisierung des Energiemarkts. So ist das im Leben: Man findet immer einen, der billiger ist, aber nicht preiswerter. Die Kunden erleben, dass sie mit Boni gelockt werden, aber die Unternehmen dann doch die Preise anheben. Als lokaler Anbieter ist es unser Ziel, faire Preismodelle zu gestalten. Kunden, die wechseln, kommen sehr oft auch wieder zurück. Die CO2-Abgabe ist eine geeignete Maßnahme zur Bepreisung fossiler Energieträger, weil wir uns mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen müssen. Ich würde mir allerdings wünschen, dass die Abgabe wieder dem Bürger zur Verfügung gestellt wird, damit er in energieeffiziente Maßnahmen investieren und Energie einsparen kann. Zum Beispiel durch Dämmmaßnahmen am Haus oder den Kauf moderner Heizungen.

Vor welchen Änderungen stehen die Stadtwerke?

Pufja: Die Pandemie trägt dazu bei, dass wir unsere Prozesse digitalisieren. Da wir unsere Kundencenter geschlossen haben, suchen die Kunden den Kontakt über das Telefon oder über das Internet. Auf diese Weise können wir auf Kundenanfragen weiterhin eingehen und diese sehr strukturiert bearbeiten. Zuletzt haben wir beispielsweise den Prozess des digitalen Hausanschlusses eingeführt, der gut funktioniert.

Wie sehen Ihre Pläne zu Elektromobilität aus?

Pufja: Beim Thema E-Mobilität werden wir die Produktpalette schärfen. Wir haben sehr viele Anfragen und merken vor allem im Dienstwagenbereich, dass E-Mobilität stark gefördert wird. Dafür wollen wir optimale Lösungen anbieten. Dabei steht die Ladeinfrastruktur in der Firma und beim Kunden zuhause, der Zähler läuft aber über die Firma. Ich habe selbst einen elektrifizierten Dienstwagen und bin im vorigen Jahr der erste Tester gewesen.

Wie hoch ist denn die Zahl der Nutzer von E-Fahrzeugen?

Pufja: In Willich sind knapp 400 angemeldet, in Meerbusch werden es aktuell wohl 500 sein. Wir können uns vor Nachfragen nach Ladeboxen und Installationen gar nicht retten. Wenn weitere neue Elektroautos auf den Markt kommen, wird die Entwicklung sehr rasant gehen. Wir werden deshalb in diesem Bereich die Zahl der Mitarbeiter aufstocken, um die Anfragen zu bearbeiten.

Wie sieht es denn beim Fuhrpark der Stadtwerke aus?

Pufja: Bei 84 Fahrzeugen im Fuhrpark haben wir 28 elektrische und teilelektrische Fahrzeuge. Für dieses Jahr haben wir weitere Bestellungen angestoßen. Die Quote liegt bei rund 33 Prozent. Da geht noch mehr.

Gibt es Pläne, weitere Ladesäulen in Meerbusch einzurichten?

Pufja: Wir verfügen über 40 öffentliche Ladesäulen insgesamt, davon in Meerbusch etwa 15. Dabei muss man wissen, dass 90 Prozent der E-Fahrzeuge zuhause oder am Arbeitsplatz geladen werden. Im öffentlichen Raum bieten außerdem noch Lebensmitteldiscounter auf ihren Parkplätzen Ladesäulen an. Ich bin zuversichtlich, dass wir in Meerbusch die Zahl noch aufstocken werden.

Bei einigen Neubaugebieten liefern die Stadtwerke eine dezentrale Energieversorgung mit Blockheizkraftwerken. Sind weitere solcher Projekte geplant?

Pufja: Wenn wir den Zuschlag dafür bekommen, auf jeden Fall. Das ist eine sehr effiziente Technik, mit der man Wärme und gleichzeitig Strom gewinnt. Mit dezentraler Energie versorgt haben wir bereits neue Quartiere am Schweinheimer Kirchweg, auf dem ehemaligen Ostara-Gelände und an der Moerser und Brühler Straße. Bei neuen Baugebieten müssen wir auf sogenannte Niedertemperaturnetze setzen, da die Objekte immer weniger Energie benötigen. Wir scherzen schon, dass es in den heutigen Neubauten ausreichend warm wird, wenn man sich nach dem Joggen in den Raum stellt. Als Versorger vor Ort haben wir großes Interesse die neuen Wohngebiete auf dem Erweiterungsgelände des Areal Böhler und an der Ivangsheide in Osterath mit modernster Technik auszustatten.

Bei beiden Gebieten wird auch nach neuen Lösungen zur Mobilität gesucht. Ist das ein Thema auch für die Stadtwerke

Pufja: Lösungen wie Car- und Bike-Sharing sind in Städten wie Düsseldorf oder Berlin interessant, in Meerbusch aber nicht praktikabel. Da braucht es andere Ideen. Wir möchten gerne in diesen Neubaugebieten einen Mobilitäts-Hub anbieten, bei dem man E-Autos und E-Bikes über eine App buchen kann. Auf diese Weise könnte man sich das zweite Auto sparen.

Sie planen für die Verwaltung der Stadtwerke einen Neubau in Willich. Wie nachhaltig werden Sie bauen?

Pufja: Das wird an der Gießerallee ein hocheffizientes Gebäude. Da zeigen wir, wie sich Geothermie, Brennstoff-Zelle, E-Mobilität und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach kombinieren lassen. Innen werden die Räume für neue Arbeitsformen konzipiert. Das wird ein spannendes Gebäude, das aller Voraussicht nach im zweiten Quartal 2022 fertig gestellt wird.

Der Breitbandausbau in Meerbusch geht nur schleppend voran. Offenbar überlegt die Deutsche Telekom, mit lokalen Stadtwerken zu kooperieren, um das Tempo zu erhöhen. Sehen Sie da eine Möglichkeit?

Pufja: Mit der Frage haben sich die Stadtwerke schon vor drei Jahren beschäftigt, damals war die Not nicht so offentsichtlich wie heute. Selbst wir stoßen beim Thema Breitband an unseren eigenen Standorten an Grenzen. Wir haben zurzeit keine Sparte Telefonie und aktuell kein Knowhow. Deshalb stellen wir uns die Frage: Können wir das entwickeln? Kooperation ist hier ein wichtiger Ansatz. Zusammen mit der Stadt und der Telekom werden wir prüfen, wie das funktionieren könnte.