Strukturwandel im Einzelhandel IHK: Jetzt gilt es, Weichen zu stellen

Meerbusch. · Die Corona-Krise hat den Strukturwandel des Einzelhandels beschleunigt. Dadurch werden sich auch die Einkaufsstraßen in Meerbusch verändern. Beginnt jetzt das große Geschäftesterben?

Die Büdericher Dorfstraße ist mit ihren Boutiquen gut für die Zukunft aufgestellt, meint IHK-Chef Steinmetz.

Foto: Sonja Schmitz

Die Geschäfte der Meerbuscher Einzelhändler sind nach dem Ende des Coronavirus-Shutdowns höchst unterschiedlich wieder angelaufen. Während bei den Händlern an der Büdericher Dorfstraße fast schon wieder Normalität eingekehrt ist, leiden andere Geschäftsinhaber, beispielsweise in Osterath, noch immer unter den Folgen der Corona-Pandemie. „Das Kaufverhalten ist noch nicht wieder normal“, sagt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein.

Der Online-Handel habe von den Zwangsschließungen im Frühjahr stark profitiert; die Gefahr von Geschäftsschließungen unter den Einzelhändlern sei in naher Zukunft durchaus gegeben. Aber Steinmetz hat auch eine gute Nachricht: „Meerbusch hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt, der Handel ist robust und kann das überstehen.“ Voraussetzung dafür sei jedoch, dass Händler und die Stadt jetzt die richtigen Weichen stellen.

Ein wichtiges Thema dabei ist die Digitalisierung. Das bedeutet nicht, dass jeder Händler einen Online-Shop braucht, um mit Online-Anbietern in Konkurrenz zu treten. Laut Steinmetz sei das in vielen Fällen ohnehin wenig ertragreich. Stattdessen komme es darauf an, mit einer Webseite und Social-Media-Kanälen Basisinfos zu Öffnungszeiten, aber natürlich auch Informationen zu den Produkten zu kommunizieren, und somit online für die Kunden präsent zu sein. „Es geht um eine Ansprache an die Kunden.“ Im Schnitt hätten gerade einmal 30 Prozent der Einzelhändler einen Auftritt im Internet. Um das zu ändern, haben IHK und die Stadt kürzlich viele Geschäftsinhaber vor Ort besucht und zu dem Thema beraten.

Aber allen voran brauchen die Geschäftsinhaber gute Konzepte, die sich von der Konkurrenz durch einzigartige Angebote und Beratungen abheben.

Denn Meerbusch bietet gleichermaßen eine gute wie herausfordernde Umgebung für Händler. So liegt die einzelhandelsrelevante Kaufkraft in Meerbusch, das bedeutet das Einkommen nach Abzug von Kosten wie Mietzahlungen, knapp 32 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Gleichzeitig geht ein nicht unbeträchtlicher Teil dieser Kaufkraft an den Handel in den benachbarten Städten Düsseldorf und Krefeld verloren. Wie der stationäre Einzelhandel in Meerbusch sich trotz der Konkurrenz der Großstädte behaupten könne, zeige vor allem die Dorfstraße in Büderich mit ihren unterschiedlichen Boutiquen.

Wenn Geschäftskonzept stimmt, wird der Erfolg sich einstellen

Schließungen werden sich im Zuge des nun durch die Coronavirus-Krise noch einmal beschleunigten Strukturwandels jedoch nicht vermeiden lassen. „Es wird zu einer Konzentration des Handels kommen“, sagt Jürgen Steinmetz. Zwar könne ein gutes Konzept auch eine schlechtere Lage ausgleichen, dennoch hätten es Geschäfte an zentralen Orten leichter.

Die Dorfstraße hat folglich gute Chancen, auch in Zukunft eine frequentierte Einkaufsstraße zu bleiben. Schwieriger wird es am Deutschen Eck, zumindest für Händler abseits von Drogerien und Supermärkten, aber auch in Osterath, das derzeit für seine Größe mit rund 25 000 Quadratmetern nur geringfügig weniger Einzelhandelsfläche als Büderich (
30 000 Quadratmeter) hat. Doch auch dort habe Handel auch in Zukunft eine Chance, da ist sich Steinmetz sicher, vermutlich nur in geringerer Anzahl als heute und natürlich vorausgesetzt, das Konzept ist stimmig.

Aber auch die Stadt ist laut Steinmetz aufgefordert, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Das bedeute, für Sauberkeit, Sicherheit und eine gute Aufenthaltsqualität zu sorgen. Die Einrichtung von Fußgängerzonen sieht er dagegen kritisch. Dass Autofahrer die Einkaufsstraßen direkt erreichen können, sei ein großer Vorteil gegenüber der Konkurrenz in Krefeld und Düsseldorf. Auch die Erhebung von Parkgebühren wie am Dr.-Franz-Schütz-Platz sei wenig hilfreich.

Sobald es zu Schließungen komme, sei vor allem das Leerstandsmanagement wichtig. „Kommunen haben hier eine wichtige Vermittlerrolle.“

Denn sobald in einem Schaufenster Zeitungspapier klebt, wird dadurch die gesamte Umgebung beeinträchtigt, wodurch im schlimmsten Fall eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt wird. Deshalb brauche es zügig Nachmieter oder Konzepte für Zwischennutzungen.

Aktuellstes Beispiel dafür ist die Commerzbankfiliale an der Dorfstraße, die kürzlich geschlossen wurde. Zuletzt könnten mit regelmäßigen Festen und Veranstaltungen weitere Anreize geschaffen werden. Das klappe in Meerbusch beispielsweise mit der Winterwelt sehr gut, sagt Steinmetz. „Shoppen muss zu einem Erlebnis werden.“

Dass das auch in Meerbusch so bleibt, liegt in der Hand von Händlern und Stadt.