Ein Nachruf auf einen großen Künstler Trauer um Künstler Will Brüll
Der Meerbuscher ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Die Stadt verliert einen großen Künstler.
Die Osterather Windmühle war Zuhause und Atelier gleichermaßen. Dort hat Will Brüll seit 1955 seine Werke erschaffen – neben den Skulpturen auch Zeichnungen, Radierungen, Linolschnitte, Aquarelle, Pastelle, Collagen, Öl- und Acrylbilder. Jetzt ist der Künstler, der auch durch seine in mehreren deutschen Städten sowie in Frankreich, den USA und Kanada zu sehenden Skulpturen bekannt geworden war, knapp drei Monate vor seinem 97. Geburtstag in der Mühle verstorben.
Will Brüll hat mit seinem künstlerischen Schaffen den Begriff Meerbusch in die weite Welt getragen, aber in der Stadt auch seine Erfüllung gefunden. „Ich habe mich und meine Inspirationen realisieren können“, ließ der große Bildhauer zu seinem 90. Geburtstag wissen.
Das Ehepaar Brüll rief
eine Stiftung ins Leben
Der 1922 in Viersen geborene, in einer streng katholischen Lehrerfamilie aufgewachsene Künstler stieg auch noch mit 95 Jahren in der Osterather Mühle die vielen Stufen hinauf, die in private Räume führten. Diese ursprüngliche Bockmühle, 1883 als Ersatz für eine bereits im 14. Jahrhundert erwähnte Mühle erbaut, war längst zur Brüll’schen Mühle und der Heimat für das Künstlerpaar Anneliese (geborene Houfer) und Will Brüll geworden.
Gemeinsam haben sie zur Erhaltung der Mühle und ihres Lebenswerks die Brüll-Houfer-Stiftung ins Leben gerufen. Die Stiftung wird von der Stadt Meerbusch verwaltet und vergibt einen Förderpreis an junge Bildhauer. Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage war vor allem in ihrer Zeit als Kulturdezernentin im engen Kontakt zu dem charismatischen, unter anderem mit Joseph Beuys, Günter Grass und Ewald Mataré befreundeten Künstler. Sie hat ihn bis in die letzten Lebensjahre begleitet und äußert sich anlässlich seines Tods: „Mit Will Brüll verlieren wir einen großen Künstler und eine herausragende Persönlichkeit unserer Stadt, der ich selbst auch menschlich sehr eng verbunden war. Sein Tod hat mich sehr getroffen. Ich werde ihn immer als ganz besonderen Menschen in Erinnerung behalten. Ihm lag sehr am Herzen, seine Wirkungsstätte, die Osterather Mühle, und sein Lebenswerk für die Nachwelt zu erhalten. Mit Gründung der Brüll-Houfer-Stiftung hat er gemeinsam mit seiner Partnerin Anneliese Houfer das Fundament dafür gelegt. Will Brülls künstlerischer Nachlass liegt nun in den Händen der Stadt Meerbusch. Das ist für uns ein großes Glück und eine Verpflichtung zugleich.“
Denn auch nachdem Brülls Lebenspartnerin Anneliese 2010 verstarb, blieb die Mühle seine Wirkungsstätte und sein Zuhause. Entdeckt hatte sie der von Viersen mit dem Mofa über Osterath nach Düsseldorf fahrende Will Brüll bereits in den frühen Nachkriegsjahren: „Sie gefiel mir sofort.“
Ab etwa 1964 entstanden dort vor allem abstrahierte Großplastiken in Edelstahl. Noch im hohen Lebensalter machte Brüll aus seiner Liebe zu dieser stillgelegten Holländerwindmühle keinen Hehl: „Ich habe keine Sekunde lang bereut, sie gekauft zu haben. Ein Raum ohne Ecken. So etwas ist für einen haptisch veranlagten Menschen wie mich einmalig. Sie ist mein Zuhause, meine Werkstatt, mein Museum und meine Heimat“, schwärmte er als 94-Jähriger. Heute ist das alte Bauwerk auch Zeitzeuge, präsentiert in seinen Räumen, auf dem Außengelände und im Atelier ein breites Spektrum der Brüll-Kunst.
Nach dem Tod von Anneliese hätte er sich nach mehr als sechs Jahrzehnten künstlerischem Schaffen auf seinen Erfolgen ausruhen und die Erinnerungen an die „wilden Zeiten mit Jupp Beuys“, vielerlei Auszeichnungen und Ausstellungen gedanklich lebendig halten können. Aber die Kunst und der Umgang mit Edelstahl ließen ihn nicht mehr los, er schwärmte von „meinem Material“, träumte von Beschwingtheit und Schwerelosigkeit, verband das Gefühl mit Rhythmus, Poesie und Musik, aber auch mit Dynamik und Wachstum: „Skulptur ist raumbestimmende Akzentuierung.“
Brüll hat Studium an der
Kunstakademie studiert
Die Basis für dieses außergewöhnlich erfüllte künstlerische Schaffen wurde mit einer klassisch-akademischen Ausbildung gelegt. Will Brüll studierte von 1945 bis 1950 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Bildhauer Joseph Enseling. Später, nach dem Umzug nach Osterath, schuf er gegenständliche Skulpturen aus Holz, Stein und Bronze. Kleinformatige Arbeiten – von dem Künstler selbst „frühe Bronzen“ genannt - zeigen deutlich den Einfluss von Ewald Mataré, zu dessen Schülern unter anderem Joseph Beuys und Erwin Heerich zählten. Gleichzeitig setzte sich Will Brüll mit der Skulptur der klassischen Moderne auseinander. Bald aber sah er sich nach einem neuen Konzept um und fand es im rostfreien Stahl, dem Edelstahl.
Mit der Verwendung von rostfreiem Stahl verzichtete Brüll auf die klassischen Materialien der Bildhauerei, mit denen er vorher gearbeitet hatte. Die abstrahierten Edelstahl-Skulpturen bilden den Schwerpunkt seines Schaffens. Seine Werke sind vielseitig im öffentlichen Raum zu finden.
Darunter die „Schwingen der Freundschaft“ in Strümp, „Kugel im Doppelschwung“ in Lank-Latum sowie „Kugel im Schwung“ und das Trauermal am Friedhof in Osterath, wo neben seiner Partnerin Anneliese die letzte Ruhestätte des Bildhauers sein wird.