Rat will keinen Wall als Lärmschutz
Der Bauherr auf dem Ostara-Areal muss sich auf der größten Baustelle der Stadt eine andere Lösung als einen Erdwall entlang der Bahnlinie einfallen lassen.
Dass der Winklerweg in Osterath derzeit vollgesperrt ist, dafür hat der Meerbuscher Stadtrat in seiner letzten Sitzung vor den Sommerferien gesorgt: Ohne Rücksicht auf den fließenden Verkehr nehmen zu müssen, kann die Ten-Brinke-Gruppe die äußere Erschließung des neuen Wohngebietes auf dem Gelände der früheren Fliesenfabrik Ostara mehrere Monate schneller fertigstellen — und auch Meerbuschs größter Supermarkt kann früher eröffnen. Ein Entgegenkommen an den Bauherrn, der hinter dem Zeitplan hängt. Beim Thema Lärmschutz zeigen sich die Politiker im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung allerdings nicht kompromissbereit.
Auf dem 140 000 Quadratmeter großen Gelände entstehen mehr als 200 Wohneinheiten. Eigentlich hätte der Edeka-Markt bereits Anfang dieses Monats eröffnen sollen. Weil aber die äußere Erschließung des Geländes noch fehlt, darf der Markt seinen Betrieb noch nicht aufnehmen. Voraussichtlich im Februar 2016 werde die Erschließung fertig, hatte vergangenen Monat Geschäftsführer Albert ten Brinke auf Anfrage erklärt. Durch die Vollsperrung des Winklerwegs könnte sie nun bereits im Dezember fertig werden.
Ten Brinke hatte die Verwaltung gebeten, die Eröffnung des Supermarktes vorab zuzulassen, obwohl der Umbau der Kreuzung Strümper Straße/Winklerweg noch nicht komplett abgeschlossen ist. Der Bauherr verpflichtete sich im Gegenzug, sicherzustellen, dass der Verkehr über provisorische Maßnahmen verkehrssicher abgeleitet werden kann und bot an, ein entsprechendes Verkehrsgutachten vorzulegen. Diesen Verstoß gegen den städtebaulichen Vertrag mit der Stadt lehnten die Politiker aber ab.
Und auch beim Lärmschutz wollen sie Ten Brinke nicht weiter entgegenkommen. Durch die Nähe zur Bahnlinie sehen Bebauungsplan und städtebaulicher Vertrag besondere Maßnahmen zum Schutz der Bewohner vor. Im Mai hatte Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage (CDU) öffentlich erklärt: „Wenn der Lärmschutz nicht befriedigend gelöst ist, wird es keine Bauabnahme geben.“ Ten Brinke hatte auf Anfrage bestritten, dass davon die 21 Einfamilienhäuser betroffen seien, die Ende des Jahres fertig werden sollen. Mielke-Westerlage erklärte jedoch, dass sehr wohl einzelne Häuser des ersten Bauabschnitts mit 40 Wohnhäusern dann nicht bezogen werden dürften.
Wie ein befriedigender Lärmschutz auszusehen hat, regelt der städtebauliche Vertrag. Erste Option: Auf einem Grundstück der Stadt direkt an der Bahnlinie fängt Bürobebauung den Lärm ab. Diese Option scheidet aber aus, da das Gelände noch nicht bebaut ist. Zweite Option: Ein Block aus Mehrfamilienhäusern auf dem Ostara-Gelände selbst schützt die Einfamilienhäuser vor Lärm. Ten Brinke hatte stattdessen eine temporäre Lärmschutzwand entlang der Bahnstrecke vorgeschlagen.
Hintergrund: So hätten die Zuschnitte der Wohnungen in den Mehrfamilienhäusern qualitativ hochwertiger ausfallen können. Ausgerechnet zur Westseite (Sonnenseite) hin müssten größtenteils Räume wie Badezimmer, Küchen, Schlafzimmer und Toiletten untergebracht werden, während die Wohnzimmer mit Balkonen überwiegend in Richtung Osten lägen. Die Politik lehnte jedoch „die Mauer von Osterath“ (SPD-Fraktionsvorsitzende Nicole Niederdellmann-Siemes) einhellig ab.
Ten Brinke ist nun bereit, diese Wohngebäude in der geforderten Schallschutzklasse IV zu errichten, würde aber gerne auf dem Grundstück des angedachten Gewerberiegels einen bis zu 4,50 Meter hohen begrünten Erdwall anlegen. „Hiermit soll erreicht werden, dass die Bewohner der Wohngebäude in den Bauräumen drei und vier nicht dem kompletten Lärm der Bahn ausgesetzt sind“, erklärte Projektleiter Martijn van der Aa. „Die Wohngebäude werden so auch optisch von der Bahn getrennt, damit nicht das Gefühl entsteht, man wohnt an den Bahngleisen.“
Die Politik lehnte diesen Vorschlag im nicht-öffentlichen Teil des Stadtrates in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause jedoch einhellig ab. Die Volksvertreter sahen insbesondere das Problem, dass der Erdwall eines Tages ja wieder entfernt werden muss — und dies zu Belastungen der Bewohner führen würde.