Schülerin berichtet von Deutschlandreise
Alyona Gula aus Usbekistan erinnert sich mit diesem Bericht an ihre Zeit in Meerbusch. Der Kontakt war über den Meerbuscher Kulturkreis zustande gekommen.
„Nach dem Schreibtalente-Wettbewerb des Meerbuscher Kulturkreises und Rhein-Kreises Neuss 2013 gab es einen besonderen Preis für zwei Preisträgerinnen aus Usbekistan — eine von denen war ich. Ich war schockiert und dankbar zugleich. Denn der Preis war eine Reise nach Deutschland. Man kann sich natürlich denken, dass es nichts Besonderes ist, nach Deutschland zu fahren. Millionen Touristen kommen jährlich hierher. Doch ich sehe es anders, denn für Menschen, die die deutsche Sprache, Geschichte und Kultur von Kindheit an lernen und die Heimat von dieser Sprache noch niemals gesehen haben, ist es gar nicht so gewöhnlich.
Auch wenn der Schreibwettbewerb schon zwei Jahre her ist, erinnere ich mich immer noch an die Erlebnisse und die Menschen, die wir kennengelernt haben.
Da es vor allem eine Kulturreise war, die auf Initiative des Meerbuscher Kulturkreises stattgefunden hat, und weil wir zwei Wochen bei Ingrid Kuntze, der früheren Leiterin der Städtischen Musikschule, gelebt haben, stand bei uns die Kultur im Vordergrund: Auf unserem Programm: Ausflüge in Meerbusch, nach Köln und Düsseldorf, der Besuch des Benefizkonzerts für syrische Kinder, des Theaters in Meerbusch und Düsseldorf, das Treffen mit Landtags-Vizepräsident Oliver Keymis und mit dem Künstler Reimund Franke in seinem Atelier. Doch nicht nur das hat die ersten Eindrücke von Deutschland geprägt, sondern auch die Besuche der Schule. Wir haben wie alle deutschen Schüler einen echten Stundenplan gehabt und das Städtische Meerbusch-Gymnasium besucht — ohne Ablenkungen und Unterrichtskürzungen.
So kann man zuerst verrückt werden: Gestern ist man aus Taschkent angekommen, heute spricht und lernt man schon auf einer anderen Sprache und hört nur Wörter, die früher im Vokabelheft gestanden haben. Über diesen Moment kann ich nur sagen: Gott sei Dank, wir haben fleißig Deutsch gelernt! Am Bahnhof, um nach dem richtigen Weg zu fragen oder auch in der Schule, um den Lernstoff zu begreifen — wenn man Deutsch beherrscht, profitiert man davon unglaublich viel.
Nicht nur Sprache ist zum Unterschied einer Schule in der Heimat und in Deutschland geworden. Was gleich auffällt, ist die unterschiedliche Schuluniform und natürlich die Tatsache, dass die deutschen Schüler unter Haupt-, Real- und Gymnasialschule wählen, nachdem sie die Grundschule beendet haben. Unser Schulwesen kann man eher zum amerikanischen Schulsystem zählen, wo man erst vier Jahre in einer Grundschule und danach bis zur 9. Klasse in einer sogenannten Gesamtschule lernt und sich schließlich für ein Kolleg oder Lyzeum entscheidet. Ein Kolleg ähnelt einer Fachschule in Deutschland, denn man eignet sich dort einen Beruf an. Am Lyzeum wird dagegen ein umfangreicher Lernstoff wie am Gymnasium vermittelt, der die Schüler auf das Studium an einer Universität vorbereitet. Dass diese Reise unheimlich viel dazu beigetragen hat, unsere Deutschkenntnisse zu entwickeln und sich Deutschland im kulturellen und auch im geografischen Sinn besser vorzustellen, muss man besonders betonen. Ich kann jetzt beweisen, dass ich Journalist werden will, nachdem ich Kommunikation- und Medienwissenschaft studiere. Nach der Ankunft wieder in der Heimat habe ich begonnen, für staatliche Zeitungen zu schreiben und meine Weltanschauung im Ganzen zu erweitern. Der Aufenthalt in Deutschland war sehr wichtig für mich.