Seit 100 Jahren St. Martin in Strümp
Der Landwirt Hugo Schroers hat 1912 erstmals auf seiner Obstwiese ein Martinsfest für das Dorf veranstaltet.
Strümp. Bald ist es wieder soweit: St. Martin zieht auf seinem Pferd durch die Dörfer, teilt am Feuer mit dem armen Mann den Mantel, und die Kinder singen im Laternenlicht Lieder dazu. Doch wer hätte gedacht, dass es in Strümp diese Tradition schon seit 100 Jahren gibt? Die Annalen des Strümper Martinskomitees verzeichnen 1912 als Beginn der Umzüge. Der Landwirt Hugo Schroers, stolzer Vater von elf Kindern und Pächter des Meerhofs, veranstaltete auf seiner Obstwiese erstmals ein Martinsfest für das ganze Dorf. Die Kinder bastelten Laternen, sangen Lieder und erhielten als Dank frische Äpfel.
Bis 1922 blieb Schroers der Macher hinter St. Martin. Dann ging die Organisation an den neuen Schulleiter der katholischen Grundschule, Albert Illmann, über. Er blieb bis 1957 Leiter des örtlichen Martinskomitees.
Man wisse noch, dass damals Johannes Theissen vom Strümper Hof mit seinem Pferdewagen von Bauer zu Bauer gefahren sei, um Getreide einzusammeln, erzählen Lothar Beseler, heutiger Komiteevorsitzender, und sein Schatzmeister Dieter Beyerlein. „Danach brachte er das Getreide zum Mahlen und dann zur damaligen Bäckerei Baumeister an der Xantener Straße, wo die leckeren Weckmänner gebacken wurden.“
Sie wissen darüber hinaus zu berichten, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg auch schon mal Strümpfe statt Süßigkeiten für die Kinder gab. Am Freitag füllt das Martinskomitee mit seinen fleißigen Helfern rund 1150 Tüten — mit einem großen Weckmann, Gebäck, Gummibärchen und Obst. Auch dieser Inhalt, ebenso wie der Weckmann für Senioren über 70 Jahre, wird durch Spenden finanziert. Seit Anfang Oktober gehen Sammler von Haus zu Haus, um Geld für die Tüten, für Musikzüge, Pferde und Bastelmaterial für die örtliche Grundschule zu sammeln.
Diese heißt übrigens seit Ende der 60er Jahre Martinus-Grundschule. 1957 übernahm der neue Direktor Rolf Cornelissen die Leitung des Martinskomitees — und hatte sie bis 2001 inne.
Im Zuge der Wende wurde eine enge Beziehung zum sächsischen Freital aufgenommen. „Der Brauch war dort noch unbekannt, weil die Gegend eher protestantisch ist“, erklärt Beseler. Doch die Idee fiel auf fruchtbaren Boden — auch, weil zunächst die gefüllten Tüten aus dem Westen kamen. Die Finanzierung erfolgt heute durch die Geschäftsleute von Freital, die Organisation hat die Kirche übernommen. „Nur im Jahr der großen Flut haben wir noch einmal die Tüten gefüllt“, so Beseler.
Dieses Jahr wird St. Martin am Freitag, 9. November, durch Strümp reiten. Den Martin mimt Karl-Josef Raukes, der diese Tradition von seinem Vater Johannes Raukes übernommen hat. Den armen Mann stellt seit fünf Jahren der Geschäftsführer des Martinskomitees, Michael Grimm, dar. „Wir sind eine große Bürgerinitiative“, freut sich Beseler. Dazu gehöre auch, dass der gemeinnützige Verein den Erlös des Nachtreffens in der Martinusschule wohltätigen Zwecken in Strümp zur Verfügung stellt.