Strümp: Das Sonderschul-Image abstreifen

Nach einem Jahr an der Raphael-Schule hat sich Armin Hellmich eingelebt.

Strümp. Das erste Jahr in seinem neuen Job hat Armin Hellmich hinter sich gebracht. Und bereut hat er es nicht, an der Raphael-Förderschule die Leitung übernommen zu haben.

"Man will nicht immer nur in der zweiten oder dritten Reihe stehen, sondern irgendwann selbst die Verantwortung tragen", begründet der Pädagoge rückblickend seine Entscheidung, sich in Meerbusch zu bewerben, nachdem er im Jahr 2000 mit der Joseph-Beuys-Schule in Neuss eine vergleichbare Schule mit aufgebaut hat.

"Ich fühle mich hier pudelwohl, bin offen und herzlich aufgenommen worden", sagt Hellmich, der weiß, dass die Arbeit an einer Förderschule immer eine besondere Herausforderung darstellt. "Wir müssen hier jeden Tag aufs Neue versuchen, die Wertigkeit zu stärken."

Und das fange nun mal bei Dingen wie Mobiliar oder dem Wohlfühlfaktor an. "Ein gewisser Standard ist einfach unerlässlich", erklärt Hellmich sein Bemühen, die Schule mit vernünftigen Tischen und Stühlen auszustatten oder die Flure streichen zu lassen.

"Ich kann einem Schüler nicht sagen, er soll es lassen, gegen die Wand zu treten, wenn die ohnehin total verdreckt ist. Darüber hinaus haben die Kinder ohnehin mit ihrem Sonderschul-Image zu kämpfen, da kann man sie nicht auch noch zwischen Sperrmüll platzieren."

Seit vergangener Woche ist das Gebäude am Kaustinenweg an die Holzpelletheizung angeschlossen, die im Keller der benachbarten Martinus-grundschule installiert wurde. "Das war überfällig", sagt der Kölner, der seiner Heimatstadt als Wohnort auf jeden Fall die Treue halten will.

Noch provisorisch ist die Übermittagsbetreuung, ein Teil des Werkraums wird dafür gerade abgetrennt und umgebaut. "Wir wollen sukzessive eine Ganztagsbetreuung an vier oder fünf Tagen bis 16 Uhr anbieten", nennt Hellmich sein mittelfristiges Ziel. Insgesamt mehr Platz wird es wohl geben, wenn die Musikschulleitung aus dem Gebäudekomplex nach Osterath zieht.

Auch auf dem Schulhof hat sich einiges verändert. So konnte die Raphael-Schule - mit Hilfe von Spenden - zuletzt ein großes Klettergerüst anschaffen und eine Art Trimmzirkel anlegen.

Das oberste Gebot an der Raphael-Schule sei es natürlich nach wie vor, die Absolventen in das Berufsleben zu integrieren. "Aber ist das nicht an jeder weiterführenden Schule so?", fragt Hellmich, der in Strümp Englisch, Erdkunde und Arbeitslehre unterrichtet.

Praktika in der siebten und achten Klasse würden dafür den Weg bereiten. Erfolge stellen sich ein: "Im vergangenen Jahr hat das Grünflächenamt ganz gezielt einen unseren Schüler für eine Lehrstelle ausgesucht", nennt der Schulleiter ein Beispiel.

Über die Stadt Meerbusch weiß Hellmich nur Gutes zu berichten, man fühle sich akzeptiert. "Jedoch müssen wir in unserer Außendarstellung etwas machen, einfach präsenter werden. Zu viele wissen gar nicht, was hier eigentlich passiert", sagt der 39-Jährige.

Die gelehrten Fächer würden sich letztlich im Vergleich mit Grund- oder Hauptschule nicht unterscheiden, "nur wird das Lernen hier individueller auf jeden Einzelnen ausgerichtet".

So könne es eben sein, dass in einer neunten Klasse im Mathematikunterricht bei 16 Schülern unterschiedlicher Altersstufen acht verschiedene Lernstufen zur Anwendung kommen. "Da ist der Sonderpädagoge gefordert", erzählt der Vater einer Tochter.

Es sei zu Beginn oft nicht einfach, betroffenen Eltern verständlich zu machen, dass ihr Kind in einer Förderschule genau richtig aufgehoben ist. "Aber bei uns sind die Klassen klein, der Lehrer kann Defizite eher erkennen, aufdecken und gezielt durch Festlegung eines individuellen Entwicklungsplans beheben".

Die Raphael-Schule sei eben kein unpersönliches System, unterstreicht Hellmich. "Hier geht keiner unter, und jeder Lehrer kennt die Schüler persönlich beim Namen."