Südanbindung: Stoppt ein Schmetterling die Lkw-Durchfahrt?

Der Wiesenknopf-Ameisenbläuling lebt im Naturschutzgebiet Buersbach. Die geplante Straße zum Hafen führt durch seinen Lebensraum.

Die Situation ist anders als befürchtet. Nach der letzten Sitzung des Bau- und Umweltausschusses zeigte sich Gert Asbach erst einmal erleichtert: „Wir dachten schon, dass das die ersten Arbeiten für den Bau der Straße zum Krefelder Hafen sind. Jetzt wissen wir: Das ist für einen Schmetterling.“ Weil im Naturschutzgebiet „Buersbach/Latumer Bruch“, das sich auf circa 20 Hektar über Meerbuscher und auf rund 300 Hektar über Krefelder Stadtgebiet erstreckt, auf der Meerbuscher Seite vor circa zwei Wochen ein breiter Streifen von Gebüsch und Bäumen befreit wurde, hatte der Sprecher der „Bürgerinitiative für Lank-Latum“ schon mit dem Schlimmsten gerechnet.

Volker Große, Diplom-Ingenieur und Leiter der Freiraum- und Landschaftsplanung beim Rhein-Kreis Neuss, stellte im Ausschuss jetzt das von seinem Amt in Zusammenarbeit mit der Biologischen Station im Rhein-Kreis Neuss erarbeitete Maßnahmenkonzept zum sogenannten FFH-Gebiet vor und gab Entwarnung: „Im Gebiet Buersbach wurde ein offener Bereich geschaffen, um die Standortbedingungen für den dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling zu verbessern. Dabei handelt es sich um eine aus europäischer Sicht gefährdete Falterart, von der es im Rheinland große Vorkommen gibt und die wir bereits seit circa zehn Jahren fördern.“

Beim Kampf gegen die aus Krefelder Sicht gewünschte Anbindung an der Krefelder Hafen könnte die Existenz des Wiesenknopf-Ameisenbläulings den Meerbuschern am Ende helfen. „In FFH-Gebieten sollen die aus europäischer Sicht besonders wertvollen Lebensräume und besonders seltenen Tier- und Pflanzenarten erhalten und entwickelt werden“, erklärt Große. Sie würden als Naturschutzgebiete im Landschaftsplan festgesetzt. Und der sei als Satzung des Kreises auch unmittelbar rechtswirksam. „Geplante Baumaßnahmen müssen also eine FFH-Verträglichkeitsprüfung unterlaufen. Grundsätzlich gilt ein Verschlechterungsverbot. Das zu überwinden, ist schwierig und wurde durch Gutachten auch bereits versucht. Für die Straßenplanung ist das eine große Hürde.“

Tatsache ist: Der Krefelder Hafen hat ein Erschließungsproblem: Massiv siedeln sich dort derzeit neue Firmen an, bisher kann das Gebiet aber nur über eine schlecht ausgebaute Straße im Norden im Stadtteil Uerdingen angefahren werden. Damit die Lkw schneller auf die A 57 gelangen, gibt es in Krefeld schon lange das Bestreben, eine Südanbindung des Hafens zu bauen. Weil jedoch im Krefelder Südosten durch Golfplätze, Industrie und ein großes Naturschutzgebiet eigentlich nur wenig Verbindungsmöglichkeiten bestehen, kam Meerbusch ins Spiel.

Die Situation ist verfahren: Eigentlich steht die Südanbindung — also die verkehrliche Erschließung des Krefelder Hafens durch das Naturschutzgebiet Buersbach/Latumer Bruch von Uerdinger Straße zur Bismarckstraße — grafisch nicht mehr im derzeit ausliegenden neuen Entwurf des Regionalplans. Initiativenvertreter wie Gert Asbach glauben aber, dass der Bau nur aufgeschoben ist. Ebenso befürchten die Initiativen, dass über kurz oder lang der Krefelder Hafen auf Meerbuscher Stadtgebiet vergrößert werden könnte.

Im Juni 2016 hatte der Regionalrat einen Beschluss zur Südanbindung gefasst. Wörtlich steht jetzt im derzeit öffentlich ausgelegten Entwurf des Regionalplans: „Es wird davon ausgegangen, dass bis zur Klärung der Sachfragen beziehungsweise Vorlage der Prüfergebnisse und der Herstellung des Einvernehmens der Städte Krefeld und Meerbusch die Gebiete, die für eine Erweiterung des Hafens Krefeld und einer zusätzlichen Verkehrserschließung in Frage kommen, von weiteren Nutzungen frei gehalten werden, es sei denn, diese sind rechtlich geboten. Es ist jedoch durch Optimierung der vorhandenen Erschließung des Krefelder Hafens darauf hinzuarbeiten, eine neue, zusätzliche Erschließung zu vermeiden.“

Die Bürgerinitiativen interpretieren diese Sätze so, dass eine Südanbindung weiterhin nicht ausgeschlossen wird. Die IHK wollte die Trasse in den Regionalplan aufnehmen. Wenn die Südanbindung kommt, würde die Verkehrsbelastung vom und zum Hafen Krefeld von der A 44 und der A 57 durch die Stadtteile im Meerbuscher Norden deutlich steigen, fürchten sie. „Die entsprechenden Einwendungen zum Regionalplanentwurf haben wir abgegeben“, sagt Asbach.

Voraussichtlich im Mai steht der erste Erörterungstermin für den Planentwurf an. Im Naturschutzgebiet Buersbach lebt auch der ebenfalls unter Naturschutz stehende Nördliche Kammmolch.