Verschwundener 13-Jähriger: Das ganze Dorf suchte mit
13-Jähriger wurde von Fremden zum Trinken verleitet. Ein Scherz? Er hätte böse enden können.
Meerbusch. Auch vier Tage nach dem Drama sind Gerd Vasen und seine Frau Andrea immer noch „völlig erschöpft“, wie es Gerd Vasen unverblümt formuliert. Am Mittwochabend um 20 Uhr war ihr Sohn Max verschwunden. Die Eltern standen Todesängste um ihr Kind aus — bis es gegen Mitternacht durcheinander, leicht verletzt und alkoholisiert, aber ansonsten wohlbehalten wieder zu Hause auftaucht.
„Das ganze Dorf hat mitgesucht“, sagen Gerd und Andrea Vasen dankbar. Verwandte, Bekannte, Nachbarn — durch den lange über dem kleinen Stadtteil kreisenden Polizeihubschrauber waren alle alarmiert worden, die Buschtrommeln und das Handy taten ein übriges.
Um 19.30 Uhr hatten die Vasens den 13-Jährigen zu Hause erwartet, hatte der Vater noch mit seinem Sohn telefoniert, der sich zu diesem Zeitpunkt auf einem Spielplatz — Luftlinie nur wenige hundert Meter von Zuhause entfernt — aufhielt. Als von seinem Sohn um 20 Uhr immer noch nichts zu sehen war, rief Vasen ihn erneut an. „Ich war sauer“, sagt er. Doch statt Max beantwortete ein Unbekannter den Anruf und erzählte, dass er den Sohn auf dem Spielplatz getroffen habe, dieser verletzt und verwirrt gewesen sei, ihm Handy und Portemonnaie vor die Füße geworfen habe und verschwunden sei.
Dann beginnt ein Alptraum: Gerd Vasen trifft den Telefonpartner nebst Freund und Hund, die ihm bei der Suche helfen. Kreuz und quer laufen sie durch Straßen, über Wiesen, durchs Gebüsch, suchen an der Strempe, auf dem Sportplatz, in der Sporthalle des Meerbusch-Gymnasiums („Die Turnhalle war noch auf, als Max verschwand. Vielleicht ist er dort eingeschlossen worden!“), auf dem Friedhof. „Ich hatte fürchterliche Angst, dass ich eine rote Jacke im Wasser liegen sehe.“
Weil Max verletzt gesehen worden war, ist die Polizei direkt nach dem Anruf von Andrea Vasen gegen 20.30 Uhr vor Ort. „Super toll und beruhigend“ sei das gewesen, sagt Vasen, dem allerdings das „Herz in die Hose plumpst“, als der Hubschrauber angefordert wird und Polizeihunde an Max’ Kopfkissen Witterung aufnehmen. Rheinbahn-Fahrer werden verständigt.
Todesängste stehen die Eltern aus, bis endlich kurz vor Mitternacht ein Pärchen aus der entfernteren Nachbarschaft an der Bushaltestelle Auf der Gath auf Max trifft — mit einer blutigen Beule am Hinterkopf. Noch 0,6 Promille Alkohol werden um Mitternacht festgestellt.
Der 13-Jährige kann sich auch vier Tage nach dem Vorfall an vieles nicht erinnern. Was er weiß: Unbekante junge Erwachsene haben sich um ihn herum auf die Spielplatzbank gesetzt, lassen eine Colaflasche kreisen. Auch Max nahm einen Schluck. „Willst Du noch mehr?“, fragten sie ihn provozierend. „Er wusste, dass da Alkohol beigemischt war“, sagt Vasen. „Aber nicht, wieviel.“ Die Rum- und Wodkaflaschen habe er erst spät bemerkt. Max ist binnen Minuten betrunken, stürzt mit dem Kopf gegen die Bank, die Gruppe verschwindet. „Sie waren größer und älter als ich“, sagt der 13-Jährige. Von den nächsten Stunden weiß er nichts, bis er sich in der Turnhalle der Gesamtschule wiederfindet und den Bus zurück nach Strümp nimmt.
Unendlich dankbar sind die Eltern für die Hilfe und Unterstützung. „Die Nachbarschaftshilfe hat super geklappt und die Polizei hat sich unglaublich bemüht.“ Eine Strafaktion für den Sohn hat es nicht gegeben. „Die Kinder wissen, dass sie von Fremden nichts annehmen sollen. Und trotzdem passiert es“, sagt Vasen, „auch in Meerbusch.“ Die Eltern hadern mit den Trinkern auf dem Spielplatz, die den Jungen offenbar abfüllen und vorführen wollten. „Vielleicht handelt es sich nur um einen sehr krassen Streich, aber der hätte tödlich ausgehen können.“
Max wird heute zur Schule gehen und gute Nerven brauchen. Im Internet macht man sich über ihn und seine angebliche „Dummheit“ lustig. Für seine Eltern ist das Erlebte Anlass für einen Appell — zeitnah zu der Aktion „ProJugend statt ProMille“: Verkäufer sollten stärker darauf achten, dass sie Jugendlichen keinen Alkohol verkaufen.