Tanzstück „ch.ch.Changes“: Ein Kämpfer lernt tanzen
Ömer Cakir (16) ist von Geburt an spastisch gelähmt. Jetzt steht er auf einer Bühne.
Meerbusch/Düsseldorf. „Ich mache nur die Bewegungen und Schritte, die ich auch wirklich kann. Aber das ist trotzdem ein verdammt gutes Gefühl“, sagt Ömer Cakir bei der Generalprobe am Dienstag für das Tanzstück „ch.ch.Changes“, das am Mittwoch am Tanzhaus NRW Premiere feiert. Der 16-Jährige ist Mitglied des Ensembles mit 17 Teenagern aus sieben Nationen. Und dass Ömer mittanzen kann, gleicht einem Wunder.
Ömer Cakir ist zwei Monate zu früh geboren worden und leidet seitdem an einer spastischen Lähmung der Beine. Unzählige Operationen habe er an Beinen, Knien, Hüften über sich ergehen lassen müssen, bis die orthopädische Fehlstellung so gut wie möglich korrigiert gewesen sei, sagt der 16-Jährige. „Jetzt benutze ich meine Gehhilfen nur noch bei längeren Strecken. Und ich träume davon, sie irgendwann ganz in die Ecke stellen zu können“, erzählt er ernst.
„Er ist ein Kämpfer, gibt nie auf und hat eine eiserne Disziplin“, sagt Ronny Kolschewski, die als Physiotherapeutin teilweise mehr Zeit mit Ömer verbracht hat als dessen Eltern. Viermal war er als Patient in der Therapieklinik, zuletzt 2010. „Er ist ein selbstbewusster junger Mann geworden. Aber daran hatte ich nie einen Zweifel“, sagt Kolschewski, die Ömer am Dienstag zum ersten Mal seit zwei Jahren wiedergesehen hat.
In Osterath war es vor allem der so genannte Lokomat — eine Art Roboter mit Laufband, der dem Patienten trotz einer Lähmung Schrittbewegungen ermöglicht — der bei Ömer zu einem Durchbruch führte. „Das Ding hat mir enorm geholfen, eigenständig laufen zu lernen. Man kann die Zeit nicht zurückdrehen, und ich habe meine Behinderung immer als Herausforderung verstanden. Und die habe ich halbwegs gemeistert.“
Auf den Tanz ist er durch eine Schulaufführung aufmerksam geworden. „Dann gab es bei mir an der Schule ein Casting, und den Leuten hat anscheinend gefallen, was ich da so gezeigt habe“, berichtet der Teenager, der aktuell dennoch andere Prioritäten hat: „Ich will den Hauptschulabschluss und parallel möglichst viele Praktika machen. Ich möchte einen richtigen Job ergreifen und nicht in einer Behindertenwerkstatt arbeiten müssen.“