Witwe kritisiert „Skandal-Heim“
Marie-Luise Weißkirchen berichtet über „miserable Zustände“ im Strümper Pflegeheim.
Marie-Luise Weißkirchen ist immer noch erschüttert, wenn sie an das vergangene Frühjahr zurückdenkt. Nach einem körperlichen Zusammenbruch wurde ihr Mann Karl-Otto Mitte März so pflegebedürftig, dass die damals 73-Jährige sich nicht mehr alleine dazu in der Lage sah, ihren Mann zu betreuen. Während ihr Mann, mit dem sie 52 Jahre verheiratet war, im Heerdter Krankenhaus behandelt wurde, machte sie sich auf die Suche nach einem Pflegeheim. Doch sie erhielt nacheinander nur Absagen.
Das Problem: „Mein Mann hatte sich mit Krankenhauskeimen infiziert“, erläutert Marie-Luise Weißkirchen. Letztlich erhielt der 73-Jährige einen Platz im Strümper Altenheim. Mehr als zwei Monate verbrachte Karl-Otto Weißkirchen in der Einrichtung, die zuvor als „Skandal-Heim“ in Meerbusch bekannt wurde. Wenige Wochen später starb er. Seine Frau berichtet jetzt von den damaligen Zuständen in dem Pflegeheim.
„Von Anfang an wollte mein Mann dort nicht bleiben und hat mich angebettelt, dass ich ihn mit nach Hause nehme“, erinnert sich Marie-Luise Weißkirchen. „Das hat mich fertig gemacht.“
Schnell wurde deutlich, warum sich der 73-Jährige so unwohl gefühlt hatte. „Die Betreuung war miserabel“, sagt seine Frau. „Uns wurde zugesagt, dass einmal die Woche sein Arzt vorbeischauen sollte, doch der kam nicht. Zudem musste mein Mann viele Tabletten schlucken, war aber selbst nicht mehr in der Lage dazu. Dennoch gab es oftmals Probleme bei der Tablettenverabreichung. Das musste ich immer kontrollieren“, berichtet Marie-Luise Weißkirchen. „Eines Tages habe ich einen Anruf von meinem Mann erhalten, der seit Stunden auf der Toilette saß, nach einem Pfleger klingelte, doch niemand kam. Insgesamt hat er dort drei Stunden verbracht, bis ich ihn von dort herunterholen konnte.“ Sie selbst testete ebenfalls, wie lange es dauert, bis jemand erscheint, wenn man die Klingel betätigt. „Es kam niemand“, sagt die 74-Jährige. „Als ich mich jedoch auf die Suche nach den Pflegern machte, fand ich mehrere von ihnen in der Küche. Sie unterhielten sich ganz angeregt.“
Das seien aber nur ein paar Beispiele von vielen. Vor allem die Hygienezustände bemängelte Marie-Luise Weißkirchen. „Da mein Mann sich mit den Krankenhauskeimen infiziert hatte, musste man sich vor dem Raum einen Kittel und Mundschutz anziehen. Das habe ich jedes Mal gemacht, die Pfleger hingegen haben oftmals ganz ohne Schutz das Zimmer meines Mannes betreten.“ Als sie sich mit einem vermeintlichen Pfleger unterhielt, kam zudem heraus, dass er kein gelernter Pfleger war, sondern ein sechswöchiger Praktikant, berichtet Marie-Luise Weißkirchen weiter. „Er war eigentlich Bäcker.“
Wegen schwerer Pflegemängel drohte dem Strümper Altenheim vor rund einem Jahr bereits die Schließung. Stattdessen übernahm der neue Betreiber Meridias die beiden Häuser von der Marseille Kliniken AG.
Nachdem die damals 73-Jährige sich die Zustände nicht mehr gefallen lassen wollte, wendete sie sich an die Heimleitung. „Dort habe ich noch einmal darauf gedrängt, dass ein Arzt vorbeischaut, zumal meinem Mann die Medikamente ausgingen“, sagt sie. „Und auch wie wichtig es sei, dass mein Mann, der herzkrank war, pünktlich seine Tabletten bekam. Danach ging es plötzlich — das erste Mal nach zwei Monaten.“