Weltkriegsbombe in Neuss Die Massen-Evakuierung startet

Neuss · Die möglichen Bombenentschärfungen am Donnerstag warfen bereits am Vortag ihre Schatten voraus. Vor dem „Alexius“ rückte am Morgen eine Blaulicht-Kolonne an, um die ersten Patienten aus dem Gebiet zu bringen.

Insgesamt waren am Mittwochmorgen 18 Krankenwagen, ein Linienbus und vier Rollstuhltransporte im Einsatz, um die ersten Patienten in andere Kliniken zu bringen.

Foto: Simon Janßen

Um kurz vor 9 Uhr geht es entspannt zu in der Cafeteria des Alexius/Josef-Krankenhauses. Es wird gefrühstückt und geplaudert – nur die auffallend vielen Gepäckstücke, die neben manchen Tischen stehen, und Mitarbeiter von Hilfsorganisatonen, die regelmäßig vorbeikommen, dienen als Hinweise dafür, was wenige Augenblicke später stattfinden wird. Gegen 9.30 Uhr rollt eine „Blaulicht-Kolonne“ von Krankenwagen im hinteren Bereich der Klinik vor. An der Augustinusstaße wird koordiniert, Menschen mit Taschen steigen in die Fahrzeuge, wenige Schritte entfernt werden die Liegendtransporte organisiert. Insgesamt sind an diesem Morgen 18 Krankenwagen, ein Linienbus und vier Rollstuhlstransporte im Einsatz.

Eigentlich ist der Tag der möglichen Bombenentschärfungen – die Stadt hatte am 31. März mitgeteilt, dass in der Nähe des Alexianerplatzes Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg vermutet werden – erst am Donnerstag, doch schon am Vortag wurde ein Teil des „Alexius“ evakuiert, um einen möglichst reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Rund 70 von den insgesamt etwa 300 Patienten wurden am Mittwoch in andere Kliniken verlegt. Dazu zählen die besonders Fürsorge-Bedürftigen, also unter anderem Demenzkranke und bettlägerige Personen. Weitere Patienten – manche verlassen die Einrichtung selbstständig für den Zeitpunkt der Entschärfung – folgen dann am Donnerstag. Das „Alexius“ ist jedoch bei weitem nicht die einzige Einrichtung der St.-Augustinus-Gruppe, die von der Evakuierung betroffen ist. So müssen unter anderem auch Bewohner der Senioreneinrichtungen Johannes-von-Gott-Haus, des Altenheims Immaculata sowie des St.-Augustinus-Hospizes aus dem Gebiet gebracht werden.

Je nach tatsächlichen Verdachtspunkten sind bis zu 6000 Anwohner von der Maßnahme betroffen, die am Donnerstag ihre Wohnungen bis 13 Uhr verlassen haben müssen. Für sie ist von 12 Uhr bis zur Entwarnung eine Betreuungsmöglichkeit in der Sporthalle der Comenius-Gesamtschule (Bergheimer Straße Höhe 213), eingerichtet. Unter der Rufnummer 02131 909091 hat die Stadt zudem ein Info-Telefon für Bürger geschaltet. Dieses ist bis zum 13. April zu den normalen Geschäftszeiten der Verwaltung und bis zum Ende der Evakuierung besetzt.

Die Stadt geht am Donnerstag zudem von „massiven Störungen“ im Straßenverkehr aus. So werden ab 13.30 Uhr nach und nach jegliche Zufahrten in das Evakuierungsgebiet gesperrt. Davon sind unter anderem die Langemarckstraße, die Stresemannallee, der Hammfelddamm, der Berghäuschensweg, der Europadamm, die Nordkanalallee, die Weingartstraße sowie die Kölner Straße (B9) betroffen. Auch auf den ÖPNV hat die Maßnahme große Auswirkungen: So werden die Stadtwerkebusse ab etwa 12 Uhr weiträumig umgeleitet. Alle Haltestellen im Evakuierungsgebiet und zum Teil in den angrenzenden Gebieten können wegen der Straßensperrungen nicht angefahren werden. Die Haltestelle „Zolltor“ in der Innenstadt wird durchgehend bedient. Betroffen sind die Stadtwerkelinien 841, 843, 844, 848, 849, 851, 852, 854 und 858. Außerdem werden die BVR-Linien 869, 872, 873, 874, 875 und 877 sowie die Rheinbahnlinien 828 und 830 umgeleitet. Die Straßenbahnlinie 709 der Rheinbahn endet am Düsseldorfer Südfriedhof.

In der Regel übernimmt die örtliche Ordnungsbehörde die Koordination der Einsatzkräfte und die Evakuierung der betroffenen Gebiete. Bei der jetzigen Entschärfung ist der Organisationsaufwand allerdings so hoch, dass die Einsatzleitung von der Stadt und der Feuerwehr gemeinsam übernommen wird. Es wird ein gemeinsamer Stab gebildet, der den Gesamteinsatz zentral koordiniert. Nachdem sich vor wenigen Tagen bereits die Augustinus-Gruppe mit einem Appell an die Bürger gewandt und um Kooperation gebeten hatte, zog die Einsatzleitung am Mittwoch nach. Tenor: Helfen alle mit, dann kann alles wie am Schnürchen laufen.