Alleinerziehende als die „stille Reserve“
Ein neues Netzwerk soll alleinerziehenden Müttern den Weg zurück in den Beruf erleichtern.
Rhein-Kreis Neuss. Karriere und Kind — wer beides will, muss sich gut organisieren. Für alleinerziehende Mütter ist die Herausforderung deutlich größer, und nicht selten scheitert der Versuch, eine Arbeitsstelle zu finden.
„Alleinerziehende sind auf sich gestellt. Sie brauchen eine intensivere Betreung“, sagt Mirjam Stickel, Koordinatorin des Projekts „Aktivbündnis für alleinerziehende Berufsrückkehrerinnen“.
Das neu gegründete Bündnis will die Lebens- und Arbeitsperspektiven dieser Frauen nachhaltig verbessern. Das Projekt ist eine Kooperation des Technologiezentrums Glehn (TZG) und des Jobcenters des Rhein-Kreises Neuss. Es ist aus 280 Bewerbungen bundesweit ausgewählt worden und wird bis Juni 2013 mit 210 000 Euro durch ein Programm des Europäischen Sozialfonds gefördert.
Neben TZG und Jobcenter sind Wirtschaftsförderung, Sozialamt, Jugendamt und Gleichstellungsbeauftragte des Kreises sowie die IHK Mittlerer Niederrhein, die Agentur für Arbeit Mönchengladbach und die Kreishandwerkerschaft Niederrhein weitere Partner. Gestern haben sie sich zu einem Workshop getroffen, um die Ziele des Projektes zu definieren und konkrete Aufgaben zu erarbeiten.
„Diese Frauen begegnen auf dem Weg zu einer Arbeitsstelle vielen Säulen: Qualifizierung, Jobvermittlung, Kinderbetreuung“, beschreibt Mirjam Stickel. „Unser Ziel ist es, diese Säulen aufzuweichen und die Menschen dahinter zu vernetzen. Sie sollen über Zuständigkeiten Bescheid und zu jeder Frage den richtigen Ansprechpartner wissen.“ So sollen Hemmschwellen gesenkt werden und der Weg für Alleinerziehende vereinfacht werden.
Das Netzwerk dient jedoch beiden Seiten. „Humankapital“, nennt Jürgen Steinmetz, Allgemeiner Vertreter des Landrates, die Frauen, die trotz beruflicher Qualifikation nicht arbeiten, weil sie bei der Kindererziehung auf sich gestellt sind. „Wir haben etwa 6000 Alleinerziehende im Rhein-Kreis Neuss“, sagt er. „Es lohnt sich, etwas für diese Personengruppe zu tun, angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels.“ Auch TZG-Geschäftsführer Norbert Kothen sieht in dieser Gruppe eine „stille Reserve“.
„Wenn qualifizierte Frauen aus dem Berufsleben aussteigen, geht viel verloren“, sagt Norbert Dierselhuis vom Leiter des Kreisjugendamtes. „Kindererziehung soll kein Hindernis sein, wieder zu arbeiten. Dabei kann keine Broschüre das persönliche Gespräch ersetzen.