Ausstellung "Menschen Bilder": Feine Dame, trauriger Blick
In der Ausstellung im Sels-Museum sind auch lokale Bezüge zu erkunden, zum Beispiel die Neusserin Gertrude Kranz, schwarz gekleidet, mit schwarzem Hut und leichtem Schleier.
Neuss. Fein ist diese Dame, voller Würde. Ihr melancholischer Blick beherrscht das Bild. Ein sehr persönliches Werk hat Wilhelm Schmurr gemalt. Es zeigt die Neusserin Gertrude Kranz, schwarz gekleidet, mit schwarzem Hut und leichtem Schleier. Weiße Handschuhe sprechen von Etikette, und prominent ist der Ehering ins Bild gerückt: Die Dame war Ehefrau des Leitenden Chefarztes des Lukaskrankenhauses.
Das großformatige eindrucksvolle Werk des Malers ist derzeit in der Ausstellung "Menschen Bilder" im Clemens-Sels-Museum" zu sehen. Aus dem eigenen Bestand bestückt, sind hier zahlreiche Entdeckungen zu erkunden, die bislang im Magazin schlummerten. Und einige Bilder sind sehr direkt mit der Stadt Neuss verbunden.
Beides gilt für das Portrait der feinen Dame. Das musikbegeisterte Ehepaar Kranz brachte nach dem Krieg in Neuss maßgeblich das kulturelle Leben wieder mit in Gang, lud zu Konzerten ins eigene Haus. Mit dem Maler Schmurr war das Ehepaar befreundet. Der Künstler war Mitglied des "Sonderbunds", der seit etwa 1910 im Rheinland die französischen Impressionisten zu etablieren versuchte. Das Portrait der Gertrude Kranz entstand allerdings deutlich später, 1940, als Schmurr sich vom Fotorealismus beeinflussen ließ.
1990 erhielt das Clemens-Sels-Museum das Werk der melancholischen Dame aus dem Vermächtnis der Portraitierten. Zum ersten Mal ist es jetzt in der Öffentlichkeit zu sehen.
Gleich mehrere "Menschen Bilder" zeigen in der Ausstellung den Neusser Literaten Karl Gabriel Pfeill (1889- 1942). Drei Freunde haben ihn portraitiert: Um 1910 zeigt ihn Josef Urbach, eben-falls ein Neusser, der mit Pfeill zur Schule ging, expressiv in rot und violett als noch suchenden jungen Mann. 1928 zeichnet Josef Trier dann einen melancholischen Literaten, Otto Pankok portraitiert ihn 1937 als einen resignativen Freund. Freundschaft bedeute hier auch Kennerschaft, so sagt es die Kuratorin der Ausstellung, Uta Husmeier-Schirlitz: Nicht zuletzt deshalb mögen diese Portraits und ein weiteres, noch späteres Werk von Pankok so glaubhaft wirken.