Ausstellung: Schätze der Familie Langen
Drei Ausstellungen zeigen Facetten der Kollektion Viktor und Marianne Langen.
Neuss. Am Sonntag kamen sich die Vernissage-Gäste in der Langen Foundation vor wie im Centre Pompidou. Doch auf der Raketenstation mussten sie nicht Schlange stehen und hatten auch die schöne Niederrheinlandschaft vor sich. Wieder hat die Familie Crasemann-Langen Kunstschätze von einmaliger Qualität aus ihren Depots geholt. Das beginnt diesmal mit präkolumbischer Kunst.
Im Eingang grüßt ein Doppelkopf aus der Zeit um 1500 vor Christus mit Riesenaugen. Das Pendant dazu hatte die Familie Langen dem berühmten Architekten Tadao Ando geschenkt, damit er den Wunsch zum Bau des Museums in Hombroich nicht ablehne. Ando revanchierte sich mit einem der schönsten Museumsbauten in Europa.
Die nächste Überraschung ist Bernard Réquichot (1929 bis 1961), der in Deutschland relativ unbekannt ist. Dessen Collagen ergeben Wimmelbilder, von denen die Kinder fasziniert sind, weil sie all die Schnipsel für Teile von Menschen, Tieren und Pflanzen halten. Die Entdeckungsreise beglückt aber auch die Erwachsenen.
Von der archaischen Kunst geht es über frühe Nachkriegskunst zur Spitzenklasse der Sammlung, den Surrealisten. Hier grüßt Max Ernsts „Wald“ von 1927. Der Künstler lebte damals bei dem Lyriker Paul Eluard, dessen Muse Gala ihm den Kopf verdrehte. Auf den Zustand des Verliebten verweist dieses Bild. Er zeigt inmitten eines Waldmotivs, das durch Abreibung von simplen Papieren entstanden ist, einen Vogel. Der hält seinen langen Schnabel einer Sonnenscheibe entgegen, die wie eine Dartscheibe gemalt ist. Ein erotisches Motiv ist dies.
Von 1923 stammt als Alter Ego des Künstlers ein fantastisches Kriechtier. Es gehörte einst zu einem Bilderfries, mit dem der gerade in Paris bei Eluard untergeschlüpfte Max Ernst die Wohnung des Freundes bemalte. Als die Motive später unter diversen Schichten von Tapete zutage kamen, wurden sie vorsichtig von der Öl-Gips-Schicht auf Leinwand übertragen. Die Langen-Foundation ist glücklicher Eigentümer von Teilen dieses Zyklus wie unter anderem das Centre Pompidou und K 20.
1920 schuf Kurt Schwitters eine Assemblage, die wie ein früher Kandinsky wirkt, nur ist Schwitters Werk störrischer, frecher, mit Pappstegen und deutschen Zeitungen beklebt. Die Euphorie des Kandinsky ist nach dem Ersten Weltkrieg passé.
Aber auch die jüngsten Werke der Sammlung Langen sind hochkarätig. Dazu gehört die kleine Installation aus Spiegel, Stahl und Glas von Louise Bourgeois (1998), der Primadonna unter den Bildhauerinnen des 20. Jahrhunderts. Sie zeigt wie in einer Puppenstube fünf Stahlstühlchen und ein sechstes Exemplar unter einer Glasglocke. Wer sich dem Werk nähert, blickt in einen Spiegel unter der Glocke und sieht sich selbst wie im Vergrößerungsglas. Der Betrachter ist nun gleichfalls selbst eingeschlossen unter dem gläsernen Käfig. Ein schrecklicher Gedanke. Und ein unglaubliches Werk.