Erinnerung an die Pogromnacht vor 75 Jahren
Erinnerung an die Pogromnacht am 9. November vor 75 Jahren.
Neuss. An den „Beginn der Enthemmung“, wie es Wladislaw Korenblum von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf ausdrückte, erinnerten sich am Freitag zahlreiche Teilnehmer der Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht 1938 am Mahnmal Promenadenstraße.
Zum 75. Mal jährt sich diese Nacht, in der im Deutschen Reich 1800 Synagogen zerstört wurden — auch die Synagoge an der Promenadenstraße brannte ab. Mit Rücksicht auf die Sabbatruhe hatte die Stadt die Gedenkveranstaltung um einen Tag vorgezogen.
Diebstahl, Misshandlung, Demütigung und Verfolgung — dem waren die Juden nicht erst an diesem 9. November ausgesetzt, und doch bedeutete diese Nacht mit ihren Terrorakten in ganz Deutschland vor aller Augen eine Zäsur.
Bürgermeister Herbert Napp wandte den Blick auf die Heimatstadt: „Hier brannte die Synagoge, hier wurden Juden ihrer Würde beraubt“, sagte er.
Den Neusser Bezug stellten auch die Studierenden des Theodor-Schwann-Kollegs her, die mit ihren Beiträgen die Gedenkstunde gestalteten: Sie erinnerten an die Familie Gottschalk, Kaufleute mit vier Kindern, eines fiel mit 20 Jahren im Ersten Weltkrieg für sein Vaterland. Die anderen überlebten den Holocaust nicht.
Die Schüler waren im Frühjahr in Auschwitz. Mutig trugen sie ein Gedicht über ihre Eindrücke und ihren Schmerz vor und bekannten, nach den Erfahrungen aus dem Vernichtungslager sei dies der „Versuch von uns, ein kleines Stück Verantwortung zu übernehmen“.
Die Erinnerung verstanden sie als Mahnung für die Gegenwart: Rechtsextremismus, die Fassungslosigkeit angesichts der NSU-Morde, neue Vorwürfe gegen Sinti und Roma führten sie an.
Den Abschluss bildete eine Lesung aus dem Psalm 36 „Gott, die Quelle des Lebens“ und das „El Male Rachamim“, gebetet von einem Rabbiner: hebräische Worte, aus denen Auschwitz, Treblinka und Majdanek als bitter-bekannte Namen herausstachen.