Ausstellung "Völlerei": Wenn genug nicht genügt
Im Kulturzentrum Sinsteden ist ab Donnerstag die Schau „Völlerei“ zu sehen.
Rhein-Kreis Neuss. Mit einer neuen Ausstellung unter dem Titel „Völlerei — Genug kann nie genügen“ setzt das Kreiskulturzentrum in Sinsteden die Reihe „Todsünden“ fort. Am Donnerstag eröffnet Tillmann Lonnes von der Stiftung Kulturpflege und Kulturförderung der Sparkasse Neuss diese Ausstellung, die Museumsleiterin Kathrin Wappenschmidt gemeinsam mit der Ethnologin Katharina Hüsers zusammenstellte.
In verschiedenen Stationen wird das Thema der Maßlosigkeit dargestellt, ausgehend von der Konfrontation mit der Tatsache, dass das Kotelett auf dem Teller zuvor Teil eines lebendiges Wesens war, bis zu Beispielen aus Kunst und Literatur.
Den Kontrast zwischen der christlichen Moral, die Völlerei als Todsünde ächtet, und dem Kapitalismus, der ständig wachsenden Konsum fordert, arbeitet diese Ausstellung sehr gut heraus, ohne den moralischen Zeigefinger zu heben. „Wir möchten, dass sich die Menschen bewusst machen, dass jeder einzelne von uns zu viele Rohstoffe und Nahrungsmittel verbraucht und dass der Tod eines Tieres zum Sonntagsbraten dazu gehört“, erklärt Kathrin Wappenschmidt.
So finden sich Fotografien von Hausschlachtungen, Plastiken von Kühen und Schweinen ebenso wieder wie eine überquellende Zinkwanne mit Backwaren. Kommentarlos läuft der Dokumentarfilm „Unser täglich Brot“ von Nikolaus Gayrhalter in einer Endlosschleife neben literarischen Zitaten und ausgewählten Presseartikeln, die sich alle mit dem Thema Nahrungsverschwendung befassen. Auch in Märchen und Kinderbüchern wurde das Ausstellungsthema oft verarbeitet, das wird ebenso in der Ausstellung eingebaut. Die Darstellung des nimmersatten Riesen Gargantua, einer französischen Märchengestalt des 16. Jahrhunderts von Rabelais, schaffte es als Sinnbild für die Völlerei auf das Ausstellungsplakat.
Mit voller Absicht wählte Kathrin Wappenschmidt auch humorvolle Betrachtungen des Themas und fügte diese in die Ausstellung ein. So nehmen Drucke von Karikaturen des im 19. Jahrhundert lebenden Franzosen Honoré Daumier einen großen Teil der Ausstellung ein. Daumier setzte sich mit seinen Zeichnungen kritisch mit den damaligen gesellschaftlichen Unterschieden auseinander und zeigte meist den direkten Gegensatz vom verschwenderischen Reichen und dem darbenden Armen. „Das Thema ist auch heute noch sehr aktuell und zeitlos, wir sind genauso davon betroffen, wie es die Menschen früher waren“ stellt Tillmann Lonnes fest.
„Völlerei — Genug kann nie genügen“ ist eine Ausstellung, die nicht überquillt und nicht schockiert. Das Bewusstsein erweitern kann sie auf jeden Fall. Wer diese Ausstellung mit nach Hause nehmen möchte, kann dies anhand des über 90-seitigen Ausstellungskataloges tun. Das Kulturzentrum in Rommerskirchen ist dienstags bis sonntags von 12 bis 17 Uhr geöffnet. Bis zum 9. Dezember ist diese Ausstellung dort zu besichtigen.