Bald gibt es wieder eine Synagoge
Die jüdische Gemeinde und ihre Kultur sollen gefördert werden. Die AfD stimmte dagegen.
Neuss. Die von Alt-Bürgermeister Herbert Napp angeschobene „Stadtreparatur der besonderen Art“ steht vor der Vollendung. Neuss bekommt wieder eine Synagoge und mittelfristig einen neuen jüdischen Friedhof. Die Basis dazu legt ein Vertrag zwischen der Stadt einerseits und der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf andererseits, der vom Rat mit breiter Mehrheit verabschiedet wurde. Nur die AfD und der türkischstämmige parteilose Stadtverordnete Deniz Davarci stimmten dagegen.
Michael Szentei-Heise, Geschäftsführer der jüdischen Gemeinde, verbindet mit dem Vertragswerk die Hoffnung auf einen Wachstumsimpuls. Schon in anderen Städten sei die Beobachtung gemacht worden, dass von dem Bau einer Synagoge eine Magnetwirkung ausgeht, die einen Zugzug jüdischer Mitbürger zur Folge hatte. Auf Sicht könnte das dazu führen, dass die Neusser Glaubensgemeinschaft, die mit etwa 570 Mitgliedern vorerst eine Dependance der Synagogengemeinde Düsseldorf bleibt, „in die Selbständigkeit entlassen wird“, sagt Szentei-Heise.
Eine Voraussetzung dafür ist, dass das 2012 bezogene Gemeindezentrum an der Leostraße, das „Alexander-Bederov-Zentrum“, ausgebaut wird. Die Stadt, so heißt es in dem Vertrag, unterstützt die Gemeinde in der Absicht, „das Gemeindezentrum weiter auszubauen und als Ort jüdischen Lebens sowie auch als Synagoge nutzbar zu machen“. Dazu gewährt die Kommune einen Baukostenzuschuss in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Darüber zahlt sie einen jährlichen Zuschuss zu den Betriebskosten in Höhe von 95 000 Euro.
Da der kleine jüdische Friedhof nur noch Platz für einige wenige Bestattungen hat, wollen sich Stadt und Gemeinde spätestens im nächsten Jahr auf die Anlage eines neuen Friedhofes verständigen. Mit der Friedhofsverwaltung ist dazu für Mittwoch ein Gespräch verabredet. Dabei ist die Besonderheit zu beachten, dass ein jüdischer Friedhof auf keinem Grund angelegt werden kann, in dem schon einmal Menschen bestattet wurde. Und als Ewigkeitsfriedhöfe dürfen sie auch in ferner Zukunft nicht überplant werden. Zuletzt verständigen dich die Vertragsparteien auf das gemeinsame Ziel, eine Partnerstadt in Israel zu gewinnen.
Michael Klinkicht, Grüne
Bürgermeister Reiner Breuer lobte den Vertrag als Meilenstein. Er sei die Basis, die bestehenden guten Beziehungen auszubauen und auf die Zukunft auszurichten. Die Einzigen, die sich nicht in dieser Hinsicht äußerten, waren Davarci und die AfD.
Davarci begrüßte zwar, dass die Stadt Religionsgemeinschaften unterstützt, machte seine Zustimmung zu dem finanziellen Engagement der Stadt aber davon abhängig, dass diese auch für andere Religionen gelten muss. Muslimische, zum Beispiel. Dirk Kranefuß (AfD) fing auch positiv an, sprach von einer hervorragenden Zusammenarbeit, die man kaum verbessern könne. Aber auch er wollte keinen städtischen Euro ausgeben, weil, so seine Begründung, damit gegen das Neutralitätsgebot des Staates verstoßen werde.
Die Antwort auf diese Argumentation blieben die anderen Fraktionen nicht schuldig. Am deutlichsten wandte sich Michael Klinkicht gegen die Sichtweise der AfD: „Wir betreiben Stadtreparatur und bevorzugen niemanden.“ Und Roland Sperling (Linke) sagt: Angesichts der historisch unvergleichlichen Verbrechen am jüdischen Volk sei die Tatsache, dass die jüdische Gemeinde sich hier engagieren wolle, „fast ein Kompliment für Neuss.“