Bei der Grünpflege fehlt Personal
Es gibt Probleme, die anfallenden Arbeiten zu erledigen. Auf der neuen Amtsleitung lastet schon jetzt hoher Druck.
Neuss. Algenalarm auf dem Weiher im Stadtgarten. Für die Mitarbeiter der chronisch unterbesetzten Grünkolonnen im Amt für Umwelt und Stadtgrün bedeutet das: eine Baustelle mehr. Dabei kommt die Truppe schon jetzt mit der Pflege nicht mehr nach. „Die zwei Jahre seit Sturm Ela waren heftig. Mehr als man der Mannschaft zumuten kann“, sagt Rudolf Westermann (63), seit 17 Jahren Abteilungsleiter Grün. Während im Rathaus erneut eine Organisationsuntersuchung diskutiert wird und die Personalverwaltung über eine „moderate Personalerhöhung“, die nur die Besetzung freier Stellen meint, nicht hinausgeht, hat der stellvertretende Amtsleiter nach 31 Jahren bei der Stadt um einen Auflösungsvertrag gebeten. Er ist es einfach leid.
Die Erwartungen an die neue Amtsleitung sind deshalb groß. Auch bei der Politik. „Sie soll da wieder Struktur reinbringen“, sagt Michael Klinkicht (Grüne), der Leiter des Umweltausschusses. Sein Satz lässt den Umkehrschluss zu: Eine Struktur gibt es derzeit nicht. Und in der Tat revoltierte die Truppe schon im vergangenen Jahr heftig gegen eine Umorganisation, bei der das zahlenmäßig kleine Umweltamt und die viel größere Abteilung Grün zusammengeknetet worden waren. „Eine Umorganisation mit Nebenwirkungen“, sagt Westermann.
An der Struktur an sich möchte Umweltdezernent Matthias Welpmann festhalten. „Die ökologische und nachhaltige Grünpflege ist das Ziel“, sagt der Beigeordnete mit grünem Parteibuch. Dafür sei es gut, wenn beide Abteilungen zusammenkommen. Doch er reagierte auf die Unzufriedenheit. Mit der Wuppertalerin Henrike Mölleken übernahm vergangene Woche eine Expertin die Amtsleitung, die (wieder) aus dem Bereich Grünpflege kommt. Und auch Gernot Fischer (Marl), der ab August den Job von Westermann übernehmen soll, hat diesen Hintergrund. Das löst zwar das Personalproblem nicht, doch die Mitarbeiter der Kolonnen draußen dürfen (wieder) auf etwas mehr Verständnis für ihre Arbeit hoffen.
„Der Personalbedarf ist unbestritten“, sagt Klinkicht. Doch der Umfang ist strittig. Zunächst hat das Fachamt selber versucht, seinen Stellenbedarf zu ermitteln. Das Ergebnis war dem Vernehmen nach hoch: 109 Stellen — bei 70,5 vorhandenen, von denen zehn unbesetzt sind. Eine mehr oder weniger gegriffene Zahl, denn es gibt im Rathaus kein Grünkataster und damit keine genaue Aufstellung darüber, wie viel Fläche eigentlich zu pflegen ist. Die soll nun erstellt werden.
Ein Münchner Beratungsunternehmen wurde eingeschaltet, um diese Schätzung zu präzisieren — und kam auf den Gesamtbedarf von 113,13 Stellen, 41,63 Vollzeitstellen mehr als derzeit im Organigramm der Verwaltung ausgewiesen.
Die Verwaltung empfiehlt der Politik, diese Zahl im Grund anzuerkennen. Aber so richtig schmeckt das Ergebnis im Rathaus den wenigsten. Welpmann will deshalb den tatsächlichen Bedarf in einem Gesamtkontext analysiert sehen. Vor einer endgültigen Stellenbemessung sollen das Grünkataster erstellt und Pflegestandards mit der Politik verhandelt werden. Die neue Amtsleiterin soll unabhängig davon die Aufbauorganisation überprüfen. Und bevor der Stellenkegel vergrößert wird, soll die Frage geklärt werden, ob und in welchem Umfang Pflegeleistungen eingekauft werden können. Bis dahin reicht eine kleine Algenblüte aus, um alle Einsatzpläne über den Haufen zu werfen.