Bündnis ermutigt Kaarster zu mehr Zivilcourage

30 Bürger diskutierten im Bebop über Flüchtlinge und Vorurteile.

Foto: Lothar Berns

Kaarst. In Kaarst leben derzeit rund 770 Flüchtlinge, für sie werden Wohnungen angemietet und Häuser gebaut. Und obwohl es sehr viele Ehrenamtler gibt, die sich um die Fremden kümmern, dürften längst nicht alle Kaarster mit diesen neuen Bürgern glücklich sein. Das Kaarster Bündnis für Toleranz hatte deshalb zu einer Info-Veranstaltung ins Bebop eingeladen. Ziel war es, die Menschen zu ermutigen, Partei zu ergreifen für Zivilcourage und Humanität und gegen Rassismus und Vorurteile.

Eine Teilnehmerein der Diskussionsrunde

Was auffiel: Das Kaarster Bündnis warb anonym für diese Veranstaltung, auf dem Flyer stand kein Name eines Verantwortlichen. Braucht es Zivilcourage, wenn man sich für Flüchtlinge einsetzt? Diese Frage stand im Raum.

Rund 30 Besucher waren zu der Veranstaltung gekommen, einer fragte: „Ist Kaarst der richtige Ort für eine solche Veranstaltung? Immerhin sind hier sehr viele Ehrenamtler aktiv und es gibt nur wenig Rassismus.“ Er erfuhr von Monja Jannet und Tobias Hamandouche, dass es überall offenen oder versteckten Rassismus gebe.

Nina Bramkamp und Marat Trusov vom Verein „Wuppertaler Initiative für Demokratie und Toleranz“ räumten ein, dass es in Kaarst weniger Rassismus gebe als beispielsweise in Wuppertal oder Dortmund. Sie sensibilisierten das Auditorium für die Problematik, hatten beispielsweise Antworten auf gängige Fragen ausgearbeitet. Was ein Teilnehmer vermisste: „Sie hätten auch Flüchtlinge einladen sollen.“ Das gelte besonders vor dem Hintergrund, dass Begegnungen Ängste abbauen können.

Eine Frau gestand dann auch: „Es gibt auch hier in Kaarst Angst vor Flüchtlingen, man sagt es nur nicht.“ Sie sprach von Bürgern, die aus Furcht vor den Fremden die Straßenseite wechselten.

Nina Bramkamp wies auf Widersprüche hin, die so manche Stammtischparole in sich berge. „Die Flüchtlinge liegen uns auf der Tasche und nehmen uns die Arbeitsplätze weg — das ist nicht stimmig, denn wer arbeitet, fällt der Gemeinschaft nicht zur Last“, sagte sie. Ein anderes Vorurteil, das aktuell Konjunktur hat: „Die kommen alle nach Deutschland.“ Die Besucher im Bebop erfuhren, dass nur fünf Prozent der Flüchtlinge nach Europa kommen, in Deutschland kommen auf 1000 Einwohner 2,1 Asylanträge. Und: In Deutschland leben 232 Menschen auf einem Quadratkilometer, in Malta sind es 1336. „Wir haben in erster Linie ein Platzproblem in unseren Köpfen“, sagte Bramkamp.

Ein junger Besucher mit Migrationshintergrund wusste, warum Deutschland so ein reiches Land ist: „Weil wir andere Länder ausbeuten.“ Eine Aussage, die auf Kritik stieß. Kritisiert wurde auch das Tragen der Burka: „Das wirkt beklemmend auf mich“, erklärte eine Frau. Eine Türkin sprach sich dafür aus, von den Fremden Deutschkenntnisse zu fordern, außerdem müssten sie die deutsche Kultur anerkennen.