Flüchtlingsboot des Erzbistums macht Station am Raphaelshaus

Auf dem Fischerboot wollten 80 Menschen über das Mittelmeer flüchten. Jetzt geht es unter dem Motto „Alle in einem Boot“ auf Reisen.

Foto: Tinter

Dormagen. Es steht mitten auf der Wiese vor dem Eingang zum Haupthaus des Raphaelshauses: Das sieben Meter lange und 800 Kilogramm schwere Fischerboot aus Holz, in dem 80 Menschen versucht hatten, aus Libyen über das Mittelmeer nach Europa zu flüchten. Das Erzbistum Köln hatte es als Zeichen für die Not der Flüchtlinge gekauft, und Rainer Maria Kardinal Woelki hatte an ihm als Altar die Fronleichnamsmesse 2016 auf dem Roncalliplatz vor dem Kölner Dom zelebriert. Jetzt geht es unter dem Motto „Alle in einem Boot“ auf Reisen.

„Unvorstellbar, dass auf diesem kleinen Boot so viele Flüchtlinge Platz fanden“, sagt Hans Scholten, Direktor des Jugendhilfezentrums, der das Boot für drei Wochen zum Raphaelshaus nach Dormagen geholt hat. Am 27. August ist für 17.45 Uhr eine Heilige Messe am Flüchtlingsboot geplant, die Raphaelshaus-Seelsorger Joachim Windolph und Pfarrer Peter Stelten gemeinsam für das Raphaelshaus und die Pfarre St. Michael halten.

„Mit dem Boot ist zeitgenössische Geschichte für die Kinder und Jugendlichen des Raphaelshauses und die Besucher buchstäblich begreifbar geworden“, erklärt Scholten, der sehr froh darüber ist, dass auf seine Bewerbung um das Flüchtlingsboot noch ein Termin frei war — und das gleich drei Wochen, was sehr ungewöhnlich ist. Wie auch die Lagerung im Freien: „Außer zu Fronleichnam am Kölner Dom ist das Boot sonst nur in Kirchen oder Sälen im Innern von Gebäuden aufgestellt“, berichtet Scholten.

Besonders berührend ist die Auseinandersetzung mit dem Boot für die Abrahamgruppe, die aus Flüchtlingen besteht: „Einige von ihnen haben genau diese Erfahrung gemacht, sind mit dem Boot gekentert. Wir hoffen, dass ihnen das Boot jetzt hilft, das Geschehene weiter zu verarbeiten und ihre neue Lebensperspektive vor Augen zu führen“, so Scholten.

Mit viel Kreativität haben sich die Gruppen des Jugendhilfezentrums mit Flucht und Heimat auseinandergesetzt. So haben die Mädchen der Hildegardgruppe selbst ausprobiert, wie es ist, mehrere Stunden auf dem Boot auszuharren, inklusive „Kevin“, der quengelnden Babypuppe. „Auch die nur wenigen Mädchen haben die Enge und Eintönigkeit an Bord gespürt“, berichtet Scholten.

„Wir möchten, dass sich alle mit dem Thema Flucht auseinandersetzen, und das geht am besten, wenn das Boot für alle sichtbar im Alltag verankert ist.“ Am Raphaelshaus wurde das Fischerboot, das auch mit Videokameras bewacht wird, zum Schutz vor dem Regen mit einem marokkanischen Königszelt überdacht. Das Raphaelshaus-Gelände ist offen zugänglich, daher kann das Flüchtlingsboot, das später im Haus der Geschichte landen soll, tagsüber von Besuchern betrachtet werden. Die nächste Station des Bootes ist Neuss, wo das Erzbischöfliche Friedrich-Spee-Kolleg ab dem Schützenfestmontag, 28. August, der neue Gastgeber ist.