Gemeinde feiert Schabbat
Im jüdischen Gemeindezentrum an der Leostraße wird der hohe Feiertag in geselliger Runde begangen.
Neuss. Als der erste Stern aufgeht, entzünden die Frauen Kerzen. Schabbat hat begonnen, der höchste Feiertag der Juden in aller Welt. Ein Tag der Ruhe, der traditionell in den Familien gefeiert wird. An diesem Freitagabend führt er die Mitglieder der kleinen jüdischen Gemeinde Neuss im Gemeindezentrum an der Leostraße zusammen. Was bis jetzt nicht getan ist, muss für einen Tag unerledigt bleiben. „Schabbat Schalom“, ruft Polina Levina, die die Feier vorbereitet hat, den meist älteren Besuchern zu.
Mit dem Fall des Eisernen Vorhanges bekamen auch die Juden in der ehemaligen Sowjetunion Reisefreiheit. Viele siedelten sich im Rhein-Kreis an, wo heute rund 550 Menschen jüdischen Glaubens leben. Bis heute sind sie Teil der jüdischen Gemeinde von Düsseldorf, der drittgrößten in Deutschland. Aber sie haben — weil sich der Plan eines Synagogen-Neubaus an der Promenade bisher nicht verwirklichen ließ — seit 2007 einen eigenen Versammlungsort. Ein heller Saal bildet das Zentrum der Einrichtung, der Yukhym Zheleznyak auf den Gedanken brachte, dort gemeinsam Schabbat zu feiern. Fünf Mal war das schon der Fall. „Ohne seine Arbeit und Energie wären wir nicht hier“, sagt Levina.
Sie hat mit den anderen Frauen schon am Nachmittag begonnen, das Haus für die Feier vorzubereiten, während jüdischen Männern vor Beginn des Schabbat das Gebet in der Synagoge auferlegt ist. Koscher haben die Frauen gekocht, milchige Speisen aufgetischt und auf Fleisch und Geflügel verzichtet. Beides gleichzeitig zuzubereiten, verbietet das jüdische Speisegesetz Kaschrut.
Mit dem Entzünden der Kerzen beginnt Schabbat, mit der Segnung des Weines das Fest. Übervoll muss der Pokal sein, über dem an diesem Abend Elchin Allahyarov den Segen spricht — und den er danach leeren muss. Eine besondere Ehre, die sonst dem Ältesten in der Gemeinde zuteil wird. Und Allahyarov darf auch die Challah teilen, die in Zopfform gebackenen Schabbatbrote. Erst wer von ihnen gegessen hat darf das Schweigen, das sich nach der rituellen Handwaschung auf die Gesellschaft gelegt hat, brechen. „Für viele sind das die schlimmsten Minuten“, weiß Polina Levina.
Danach wird es munter. 39 Arbeiten sind den Juden an Schabbat nicht erlaubt, darunter auch das Autofahren. Aber singen und tanzen, trinken und tafeln dürfen sie.
„Wir haben gerne Gäste“, versichert Michael Goldman jenen, die zum ersten Mal Teil der Gemeinde sind. „Kommt wieder.“ Bis zum Wiedersehen aber werden auch sie ein Jahr älter sein. Denn am 25. September ist Rosch Haschana, das jüdische Neujahrsfest .