Grundschüler lernen Erste-Hilfe-Maßnahmen
Unter anderem ging es um das richtige Anlegen von Verbänden und die Herzmassage.
Nordstadt. „Pumpen, bis der Rettungsdienst kommt.“ Diesen wichtigen Grundsatz der Ersten Hilfe behält die siebenjährige Helen von jetzt an in Erinnerung. Die Herzmassage übt sie genau wie alle anderen Schüler der Klasse 2b an einer Puppe, unter der Aufsicht von Rettungssanitäter René Schwiperich. „Erste-Hilfe-Maßnahmen wie Wiederbelebung, einen Notruf absetzen, um Hilfe rufen und eine Wunde verbinden kann man nicht früh genug lernen“, erklärt Schwiperich.
Wie sein Kollege Christian Zemla hat er vier Tage Urlaub genommen, um in dieser Woche allen Kindern der Karl-Kreiner-Grundschule diese wichtigen Handgriffe bei Unfällen im Haushalt, im Straßenverkehr oder auf dem Schulhof altersgerecht näher zu bringen. In Skandinavien, sagt Schwiperich, seien Erste-Hilfe-Schulungen schon für Vorschulkinder verpflichtend; Deutschland müsse diesbezüglich aufholen.
„Wichtig ist, dass die Kinder die Angst vor Verletzungen und vor dem Hilfe-Leisten verlieren. Wir integrieren die Schulung fortan jedes Jahr in den Unterrichtsplan“, sagt Schulleiterin Dorothee Mühle. Längerfristig könne so ein Schul-Sanitätsdienst aufgebaut werden.
Das Pilotprojekt hat die Neusser Internistin Mareike Bernhöft initiiert, die außerdem in Meerbusch als Notärztin im Rettungsdienst fährt. „Mit solchen Schulungen ist jedem geholfen — Kinder verlieren Berührungsängste, Betroffenen wird schneller geholfen — und wir im Rettungsdienst sind froh über jeden Ersthelfer“, sagt sie.
„Auch trösten bedeutet helfen“, erklärt Zemla den Zweitklässlern. Also immer zu jemandem, der verletzt ist, hingehen, ihn nicht alleine lassen. Die Sorge vieler Kinder und auch Erwachsener, beim Verbinden oder Reanimieren etwas falsch zu machen, sei unbegründet, sagt er. „Falsch ist nur, gar nichts zu tun, wenn jemand blutet oder gar bewusstlos ist. Das können auch Grundschüler verstehen.“
Also greift Zemla in eine mit Verbandsmaterial reich bestückte Kiste — Eltern und Arztpraxen hatten große Mengen Pflaster, Rettungsdecken und Verbände für die Schulung gestiftet — und reicht der achtjährigen Lena eine Mullbinde. Die wickelt sie ihrem Klassenkameraden Felix um den Unterarm, ums Handgelenk, zwischen Daumen und Zeigefinger und zurück zum Unterarm. „Der Verband muss nicht schön aussehen, nur funktionieren“, sagt Zemla. Das heißt: Die Wunde vor Dreck schützen, damit sie sich nicht entzündet. „Dafür müsst ihr die gesamte Binde benutzen“, sagt er.
Im Nebenraum erklärt Schwiperich Helen und den anderen Zweitklässlern an der Puppe, wo sich das Herz befindet und wie man feststellt, ob ein Bewusstloser noch atmet. „Vor der Schultoilette siehst du einen Viertklässler auf dem Boden liegen. Was tust Du?“, fragt er in die Runde. „Ich schaue und höre, ob er atmet, rufe ganz laut um Hilfe und fange an zu pumpen“, verkündet der achtjährige Younes selbstbewusst. Das Pumpen — genau wie das Rufen des Rettungsdiensts und den Hilfeschrei — proben alle Mitschüler. Am Ende der Schulung wissen sie: Kleine Wunden kann ich selbst versorgen, die 112 anrufen auch — und pumpen, bis Hilfe kommt.