Haltestellen werden barrierefrei
Die Stadt Neuss hat eine Prioritätenliste erstellt, nach der 14 Haltepunkte behindertengerecht umgebaut werden.
Neuss. Die Stadt geht den barrierefreien Umbau der Haltestellen für Bus und Bahn endlich systematisch an. Jahrelang galt die Regel: Umgebaut wird nur im Zusammenhang mit anderen (Sanierungs)-Vorhaben. Nun gibt es eine Prioritätenliste. Die sieht 14 Haltepunkte vor — in einem Zeitraum von drei Jahren. Deutlich schneller wird das Vorhaben demnach nicht umgesetzt, monierte Roland Kehl (Grüne).
Für die Prioritätenliste hat die Verwaltung nicht jede einzelne der gut 400 Haltestellen im Stadtgebiet inspiziert und bewertet. Das wäre, so Planungsamtsleiter Christian Unbehaun, zu arbeitsintensiv und würde die Arbeitskraft von mindestens einem Mitarbeiter binden. Stattdessen orientierten sich die Planer an Schulzentren, Krankenhäusern, Zentren der Nahversorgung, wichtigen Verknüpfungspunkten zwischen Bus und Bahn sowie Stationen an stark genutzten Verkehrsachsen. „Priorität hat, wo wir die meisten Nutzer sehen“, gab Unbehaun jetzt gegenüber der Politik Auskunft. Diesem Ansatz wurde die Überlegung geopfert, vor allem stadtteilbezogen zu denken.
Das wird auf Drängen der Politik zumindest teilweise aufgeweicht werden müssen. Sie forderte die Verwaltung auf, auch in den kleineren Ortsteilen Haltestellen zu ermitteln, die eine Verbindung zu den Nahversorgungszentren garantieren. Wer zum Einkaufen auf den Bus angewiesen ist, soll auch einen barrierefreien Zugang zum öffentlichen Nahverkehr bekommen, sagte Karl-Heinz Baum (CDU).
Die Haltestelle der Zukunft ist schon an der Weberstraße oder am Bahnhof Norf zu besichtigen. Neben einem ebenerdigen Zugang zum Fahrzeug gibt es dort Hinweistafeln, auf denen die Busverbindungen angezeigt werden — und Lautsprecher, über die man sich die Verbindungen auf Knopfdruck ansagen lassen kann. Derart aufwendige Haltestellen würden nur bei Neubauten angelegt, sagt Planungsdezernent Christoph Hölters, denn sie verlangen nicht zuletzt nach einem Stromanschluss. Bei Umbauten im Bestand gehe es in erster Linie um erhöhte Bordsteine, Leitstreifen für Sehbehinderte und andere Standards der Barrierefreiheit.
Christian Unbehaun, Leiter des Planungsamtes
2004 hat die Stadt damit angefangen, Bushaltestellen baulich barrierefrei herzurichten. Etwas mehr als 100 Haltepunkte wurden seitdem derart angepasst. Der Gesetzgeber legte fest, dass bis 2020 der Zustand der vollständigen Barrierefreiheit erreicht sein soll. Doch dieses Ziel ist wohl auch außerhalb von Neuss nicht zu erreichen. „Bis 2020 muss die Priorität geklärt sein — und was wir bauen wollen“, erklärt Unbehaun den neuen Sachstand.
Einen längeren Zeitraum in der Prioritätenliste abzubilden, macht aus Sicht der Stadt wenig Sinn. „Entscheidend sind die Fördermittel“, sagt Unbehaun, der hinzufügt: „Was wir planen, bauen und finanzieren können, ist offen.“ Mit der Liste aber habe man nun eine neue und fachliche Basis.
Den Umbau allein von Fördermitteln abhängig zu machen, ist CDU und Grünen allerdings zu wenig. Der Grund: Es dauert schlicht zu lange. Die Umbauplanungen zu forcieren, lehnt wiederum Planungsdezernent Hölters ab. Er glaubt, dass die Pläne liegen bleiben müssen und spricht von einem lauernden „Ausführungsdefizit“.