Herz-Kampagne war Wahlkampf und kein Sponsoring
Darf Karneval parteipolitisch vereinnahmt werden? Über eine CDU-Aktion scheiden sich die Geister.
Neuss. Der Karneval war und ist immer politisch — und hat das auch zu sein. Aber, darf er auch parteipolitisch vereinnahmt werden? An dieser Frage scheiden sich die Geister, seit die CDU an Kappessonntag Wahlwerbung für ihren Bürgermeisterkandidaten Thomas Nickel in Form blauer Plastikherzen von den Mottowagen regnen ließ.
Während Tobias Goldkamp als Nickels Wahlkampfmanager die Aktion mit dem Hinweis verteidigt, dass es — anders als beim Schützenfest — keinen Burgfrieden gibt, der den Kontrahenten Wahlwerbung verbietet, nennt Reiner Breuer sie anstößig. „Das gehört da nicht hin“, sagt Breuer knapp, der heute Abend als SPD-Bürgermeisterkandidat aufgestellt werden soll. Er hatte das Angebot des Prinzenpaares, sein Wahlkampfmaterial auch auf diese Weise in Umlauf zu bringen, dankend abgelehnt.
Nickel selbst spricht nicht von Wahlkampf, sondern von Sponsoring und einer Hilfe für Gruppen, die nicht so viel Geld für Wurfmaterial ausgeben können. Wer beim CDU-Stadtverband — nicht bei ihm persönlich — angefragt habe, konnte das bekommen. „Es wurde niemand gezwungen“, sagt Nickel. Das stimmt — und auch wieder nicht. Denn zumindest Kinderprinzen- und Prinzenpaar bekamen das Wurfmaterial ungefragt als Sachspende. Novesia Jutta Stüsgen und ihrem Prinz wurde beim CDU-Empfang ein Gutschein geschenkt.
„Live und in Farbe gesehen“, so betont die Novesia, habe sie die CDU-Herzen erst am Kappessonntag auf dem Wagen. Vermischt mit dem eigenen Material. „Wir konnten das nicht nicht werfen“, stellt sie knapp fest. Aber auch ohne von den Herzen vorher zu wissen, bot Stüsgen, die als Vorsitzende der Frauen-Union die CDU-Spende kaum ablehnen konnte, dem SPD-Mann Breuer an, auch sein Material zu verbreiten. „Wir haben versucht, so unsere Neutralität zu wahren“, sagt sie.
Neutralität ist im Kappesszug kein offizielles Gebot. Die Gesellschaften seien in der Wahl ihres Wurfmaterials frei, betont KA-Präsident Jakob Beyen, der allerdings für den Wagen des Karnevalsausschuss selbst parteipolitisches Material verboten hat. Thomas Nickel, der als Vize-Bürgermeister darauf mitfuhr, hätte also die Herzen mit seinem Namen nicht selbst werfen dürfen — und das auch nicht gewollt, wie er betont.
Auch wenn Nickel es abstreitet: CDU-Herzen im Kappessonntagszug sind Wahlkampf. Ob Breuer dem nicht folgen wollte oder konnte — weil er noch nicht offiziell Kandidat ist und/oder noch kein eigenes Material hat — sei dahingestellt. Festzuhalten ist aber, dass er sich in diesem Fall zwar empört, aber selbst — wie Nickel — auch keine Gelegenheit ausgelassen hat, sich dem närrischen Volk zu zeigen.