Sekundarschulen hinken bei Anmeldezahlen hinterher
Die neue Schulform braucht offenbar mehr Unterstützung. Es sind noch Plätze frei — bei den anderen weiterführenden Schulen nicht.
Neuss. In anderen Städten liegen die Anmeldezahlen für die weiterführenden Schulen schon vor, doch in Neuss geht es zum ersten Mal in eine zweite Runde. Von einer Wahl der Eltern kann dabei nicht mehr gesprochen werden. Denn wer jetzt noch einen Platz sucht, wurde an der Wunschschule für sein Kind abgewiesen und kann nur noch zwischen einer der beiden Sekundarschulen wählen, die im ersten Durchgang nur jeweils gut 40 Anmeldungen erhalten haben. Schuldezernentin Christiane Zangs spricht von einem ganz normalen Vorgang, doch in der Politik ist auch von einer Stützungsaktion die Rede.
Dass die Sekundarschulen in Neuss sich schwer tun würden, war von Anfang an eine Befürchtung der SPD, erklärt der designierte Bürgermeisterkandidat Reiner Breuer. Er hatte beim politischen Aschermittwoch vor genau einem Jahr von der Abschaffung dieser Schulform gesprochen. Man dürfe nicht allein aus ideologischen Gründen an einer Schulform festhalten, sagt Breuer auch heute noch. Um dem Elternwillen doch noch gerecht zu werden, sieht er nur zwei Optionen: die Aufstockung der bestehenden vier Gesamtschulen in Neuss oder die Umwandlung einer Sekundarschule in eine Gesamtschule. „Es wäre gut, wenn die Initiative dazu aus der Elternschaft kommt“, sagt er.
Die Verwaltung, die CDU, aber auch Gisela Hohlmann als schulpolitische Sprecherin der SPD wollen dagegen den Sekundarschulen noch eine Chance geben. Die könnten mit dem Vorteil kleinerer Klassen und mehr Lehrern trumpfen. Doch um das in die Familien zu vermitteln, bräuchten sie Hilfe von außen. Man habe feststellen müssen, dass die Beratung der Eltern an den Grundschulen — trotz Weiterbildungsangeboten für die Lehrer — nicht so sei, dass auch die Sekundarschulen in den Blick geraten, sagt Zangs, während Wellens die Leiter der Gesamtschulen gefordert sieht. Die sollten die Rosinenpickerei lassen und nicht nur Kinder mit der schlechteren Empfehlung abweisen, damit nicht am Ende die Sekundarschulen doch das Image einer Restschule bekommen.
Nach dem ersten Anmeldeverfahren sind die Realschule Holzheim, die mit 78 Anmeldungen zum zweiten Mal drei Eingangsklassen bilden kann, aber eben auch die Gymnasien und Gesamtschulen in Neuss voll. Mit zum Teil erstaunlichen Ergebnissen. Das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium, das jahrelang mit Kindern aufgefüllt werden musste, die an anderen Schulen abgewiesen wurden, ist heute bei den Anmeldezahlen top.
Bei den Gesamtschulen entpuppt sich die Gesamtschule Norf, die erst im August den Betrieb aufnahm, als Shootingstar. „Die Beliebtheit bei den Gymnasien und Gesamtschulen hat sich verschoben“, sagt Gisela Hohlmann, die von einem Unsicherheitsfaktor spricht. Vielleicht könnte das wechselnde Elternverhalten künftig auch den Sekundarschulen zum Vorteil gereichen, hofft Wellens: „Wir brauchen eine Schule, die auf eine Berufsausbildung vorbereitet. Das Abitur ist nicht alles“.