Hilfsaktion für Kambodscha: „Wir schlagen Brücken für die Ärmsten“

Die Kleine Hilfsaktion um Roland Debschütz engagiert sich in Kambodscha.

Foto: privat

Neuss. Die Auswahl an Brillen ist riesig im kambodschanischen Dorf. Tausende Gestelle liegen für die Dorfbewohner bereit. Augenoptiker Michael Jäger aus Neuss macht den Sehtest: Wer schlechte Augen hat, kann sich ein Gestell aussuchen.

Mit den ermittelten Sehwerten wird das Gestell in die Stadt Banan geschickt, wo ein Optiker echte Zeiss-Gläser — das Unternehmen produziert im benachbarten Thailand — bearbeitet und in das Gestell einpasst. Kosten pro Brille: drei bis vier US-Dollar. Nutzen: besser sehen mit der oftmals ersten eigenen Brille.

Hunderte von Kambodschanern hat die „Kleine Hilfsaktion“ um den Neusser Roland Debschütz im Januar und Februar mit Brillen versorgt. Seit 2007 leitet Debschütz die Hilfsorganisation von Neuss aus (die WZ berichtete).

Was 2007 klein begann mit Einzel-Spenden auf einer Privatreise Debschützs, ist mittlerweile zu einem großen Hilfsverein angewachsen. Im vergangenen Jahr erhöhte sich die Mitgliederzahl von 156 auf 245, mit Spenden und Mitgliedsbeiträgen in Höhe von 117 000 Euro unterstützte die Kleine Hilfsaktion die Region um Banan im kambodschanischen Nordwesten. Dabei landet — anders als bei großen Hilfsorganisationen — jeder gespendete Euro nahezu komplett in dem asiatischen Land.

„Ein Drittel unseres Budgets investieren wir für Notfälle, den Rest in nachhaltige Projekte“, sagt Debschütz. Nachhaltige Projekte sind eine Schule, zwei Kindergärten und zwei errichtete Dörfer für Obdachlose. Oder die Brillenaktion mit in Neuss gesammelten Sehhilfen, unterstützt von Michael Jäger.

Notfälle können die Errichtung von Hütten für Waisenkinder oder ein für kambodschanische Verhältnisse teurer Krankentransport sein. „Die Infrastruktur gibt es nicht her, dass die Ärmsten am Gesundheitssystem teilhaben. Diese Brücke schlagen wir“, sagt Debschütz.

Eigentlich ist der drahtige Mit-Vierziger Fahrlehrer für Motorradrennfahrer und düst mit Kunden auf dem „Motorradtaxi“ über den Nürburgring. Doch für seinen Brotberuf nimmt er sich nur im Sommer Zeit, arbeitet im Herbst und Winter bis zu neun Stunden für die Kleine Hilfsaktion. Bei dem Verein ist er jetzt auch angestellt, bekommt rund 400 Euro netto im Monat. Ein kleines Entgelt für viel Aufwand.

Für sein Engagement verzichtet der Neusser auf viel Geld, da er wegen des zeitaufwändigen Hilfsprojekts weniger Aufträge annehmen kann. Doch das ist dem ehemaligen Deutschen Motorradmeister egal: „Wie viel Geld soll ich verdienen, um so glücklich und zufrieden zu werden wie mit diesen Projekten.“