Holocaust-Überlebende erzählt Schülern von ihrem Martyrium
Edith Bader-Devires sprach im Gymnasium Norf über die Zeit im KZ.
Neuss. Mit sechs Jahren Kartoffeln stehlen, um nicht zu verhungern, und mit 38 anderen Menschen auf engstem Raum zusammenleben, die zum Teil vor Schmerzen stöhnen: Edith Bader-Devires wurde als Kind, gemeinsam mit ihrer Familie, von Weeze in das Konzentrationslager Theresienstadt gebracht. Am Mittwoch ließ sie die Schüler des Gymnasiums Norf an ihrem Schicksal teilhaben. Mehr als 300 Schüler der oberen Jahrgänge hören der 82-Jährigen gespannt zu, als sie von einer Kindheit berichtet, die eigentlich keine war.
Edith Bader-Devires, Zeitzeugin zitiert den Appell ihres Vaters
Vier Jahre lebte Bader-Devires im Konzentrationslager Theresienstadt und überstand das Martyrium. Ihren Ehrgeiz verlor sie nicht und holte nach ihrer Rückkehr die Volksschule nach und absolvierte eine Ausbildung als Kindergärtnerin. Über Jahrzehnte leitete sie jüdische Kindergärten und später auch Jugendgruppen.
Getreu dem Appell ihres Vaters „Weine nicht, wir schaffen das“, gab Bader-Devires bis heute nicht auf — auch wenn ihre persönlichen Erfahrungen tiefe Wunden hinterlassen haben. „Menschen vergessen, was sie getan haben“, sagt Bader-Devires. Das möchte die Seniorin so gut es geht verhindern und spricht stellvertretend für alle Überlebenden. Dabei reiche es ihr, wenn bereits ein Viertel ihrer Zuhörer ihre Worte mit nach Hause nehme und für Frieden in der Welt sorge.
„Der Holocaust ist ein Ereignis, dessen unmittelbare Wahrnehmung über den Kontakt zu Zeitzeugen nun in die letzte Phase geht. Die aktuelle Schülergeneration wird die letzte sein, die diese Erfahrungen selber machen kann“, sagt der Oberstufenkoordinator Raoul Zülke. Deshalb sei es um so wichtiger, den Schülern diese Möglichkeit einzuräumen.
Erzählungen einer realen Person seien dabei einprägsamer als schwarz-weiß Dokumente, sagt auch Daniel Lupo, Organisator der Veranstaltung. „Es ist deutlich beeindruckender, einen Zeitzeugen zu erleben, als einen Text von oder über einen Zeitzeugen zu lesen.“ Bilder und Videos aus dieser Zeit erwecken aufgrund ihrer Schwarz-Weiß-Gestaltung häufig den Eindruck, dass sie viel älter seien als sie wirklich sind.