Jutta Zülow empfängt heute Sigmar Gabriel in Gnadental

Der Bundesaußenminister gastiert beim Unternehmer-Tisch.

Foto: Lothar Berns

Gnadental. Ursprünglich angekündigt war der Vizekanzler, der in Personalunion auch Wirtschaftsminister und designierter SPD-Kanzlerkandidat ist. Letztlich kommt mit Sigmar Gabriel (57) heute aber der Vizekanzler, Außenminister und ehemalige Kanzlerkandidatenanwärter. Jutta Zülow (65) ist das gleichgültig. „Ich habe Sigmar Gabriel als Menschen eingeladen“, sagt die Herrin von Gut Gnadental, die regelmäßig zum „Gnadentaler Unternehmer Tisch“ (GUT) bittet. Das sei ihr Erfolgskonzept: „Wir wollen doch alle wissen, wofür steht der Politiker, der Unternehmer, der Forscher?“ Die Funktion steht hinter dem Menschen, der sie mitbringt.

Seit 2003 ist Jutta Zülow die Gastgeberin der Mächtigen, die zu ihr in die Provinz kommen — in einen historischen Gebäudekomplex, der eher einem Bauernhof ähnelt als dem Firmensitz eines mittelständischen, international tätigen Hightech-Dienstleisters. Die Unternehmerin Zülow erinnert lieber daran, dass Gut Gnadental in seiner langen Geschichte einst ein Kloster war, in dessen Tradition sie sich stellt: „Wir haben bis heute bewahrt, was früher das Kloster war: ein Ort für den Wissensaustausch.“

Wenn Jutta Zülow ruft, kommen alle — fast alle jedenfalls. Sie verschweigt höflich, wer ihr einen Korb gegeben hat, doch auch so ist die lange Liste der Gäste eindrucksvoll: von Gerhart Baum über Friedrich Merz bis Rolf Martin Schmitz, von Hermann Gröhe über Michael Hüther bis Michael Groschek. Fällt es nicht schwer, die Einflussreichen und Vielbeschäftigten ins abgeschiedene Gnadentaler Idyll zu locken? „Ich habe immer eine 50-prozentige Chance“, sagt Jutta Zülow selbstbewusst, „der Eingeladene sagt zu oder er sagt ab. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht.“

Bei aller eingespielten Routine — heute ist einiges anders. Noch nie waren die Absprachen zur Sicherheit so umfassend. „Es kommt halt der stellvertretende Regierungschef“, hat Zülow gelernt. Dafür waren die Absprachen mit dem Büro von Gabriel „einfach und konstruktiv“. Am Format wird sich heute nichts ändern. Ulrich Deppendorf, der erfahrene ARD-Fernsehmann in Berlin, ist wieder der Fragesteller; das Auditorium im Farnese-Saal bleibt mit 150 Gästen auf Kammerorchester-Niveau, die Zülow-Mitarbeiter sorgen für die reibungslose Organisation und nach dem Talk gibt’s wieder viel Gelegenheit zur „1:1-Begegnung“ (O-Ton Zülow) der Gäste. Sigmar Gabriel bringe 90 Minuten Zeit mit.

Warum der Aufwand? „Reputation“, sagt Jutta Zülow ohne Umschweife, die GUT-Gespräche seien Kundenveranstaltungen, die höhere Aufmerksamkeit erzielten als bunte Bilder in Hochglanzbroschüren: „Wir sterben hier nicht in Schönheit.“ Längst würden die GUT-Treffen in der Öffentlichkeit mit Gut Gnadental und Zülow verknüpft, längst seien sie ihr aber auch zum Hobby geworden: „Andere golfen oder haben eine Yacht.“ Sie nutze lieber ihre Talente, um etwas an die Gesellschaft zurückzugeben: „Wenn nicht ich, wer dann?“