Kaarst erlebt zauberhaften Opern-Abend
Das Musik-Experiment „Taschenbuch-Oper“ ist gelungen. Etwa 1000 Besucher kamen am Samstag in den Stadtpark.
Kaarst. „Musik auf Rädern“ und eine Oper „im Taschenbuchformat“ — dieses Experiment ist in Kaarst begeistert aufgenommen worden. Das Projekt der internationalen Stiftung zur Förderung von Kultur und Zivilisation (1995 in München gegründet) bringt klassische Musik auf hohem künstlerischen Niveau quasi auf die Straße. Zuhören kann jeder, der Zeit und Lust hat, gezielt kommt oder zufällig vorbei geht.
Die Premiere der diesjährigen Taschenbuch-Oper fand nicht ganz zufällig in Kaarst statt, und das Kulturamt hatte beste Voraussetzungen geschaffen. Kulturmanager Dieter Güsgen war überwältigt von „annähernd 1000 Besuchern“, die den Stadtpark bevölkerten.
Viele folgten dem Aufruf, während der Aufführung zu picknicken. Sicherheitshalber hatte Dieter Güsgen aber auch für weiteres Ambiente gesorgt: Die Kaarster Suppenküche „PAUL“ („Prima arbeiten und leben“) war da, zwischen Eismobil und gekühlten Getränken konnte man wählen, das Kaarster „Kaffee-Tüt-Tüt“ offerierte im Citroen von 1961 erlesene Weine, Gebäck und natürlich Kaffee, stilvoll in einer Maschine von 1964 angerichtet. Diese wunderbare Atmosphäre lebte zuletzt vom Zufall. Und der hieß Désirée Brodka. Die Büttgener Sopranistin, auf vielen Opernbühnen zu Hause, engagiert sich seit langem für das Projekt „Musik auf Rädern“ und hatte in Dieter Güsgen einen kongenialen Premierenpartner gefunden.
„Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart hatte sie mitgebracht, von Thomas Fuschelberger für vier Solisten und Streichquartett arrangiert. Das als Straßenmusik gedachte Experiment wurde im Kaarster Stadtpark zum begeisternden Kunstgenuss. Die Musiker, die Désirée Brodka engagiert hatte, überzeugten. Sie selbst sang mit ihrem helllichten Sopran die lebenslustige Papagena und etwas würdevoller die Prinzessin Pamina.
Die ebenfalls auf Opernbühnen sehr erfolgreiche Lena-Maria Kramer (Sopran) glänzte in der Rolle der Königin der Nacht, auch wenn die extremen Koloraturen leicht verhalten blieben. Ricardo Marinello (Tenor), der im Jahr 2007 mit 18 Jahren den ersten Supertalent-Wettbewerb im Fernsehen (RTL) gewann, hat sich glücklicherweise ganz auf die Oper konzentriert und lieferte einen strahlenden Tamino ab.
Simon Rudoff (Bariton) gab dem Papageno fulminantes Temperament, bei den Bassarien des Sarastro fehlte ihm die notwendige Tiefe. Hochklassige Begleitung bot das Duisburger „Mercator-Ensemble“ mit Matthias Bruns (Leitung und 1. Violine), Roman Brncic (2. Violine), Thaer Eid (Viola) und Hanno Fellermann (Kontrabass).
Ein begeistertes Publikum applaudierte hingerissen. „Überraschend gute Stimmen bei bester Technik“, sagte die Kaarsterin Inge Walter, „einen so zauberhaften Abend hatte man gar nicht erwartet.“ Auch der Kaarster Kantor Wolfgang Weber war beeindruckt: „Das spannende Experiment ist vollkommen geglückt.“