Kaarster Tafel zieht erste Bilanz

Vor etwa einem Jahr öffnete die Tafel im Pfarrzentrum St. Martinus.

Foto: Berns

Kaarst. Donnerstagnachmittags am Pfarrzentrum Sankt Martinus: Während Wolfgang Speis und Mohanad Nakahbandi durch den Hintereingang kistenweise Lebensmittel hineintragen und in die Küche bringen, warten auf der anderen Seite schon zahlreiche Menschen auf die Öffnung der Tafel in Kaarst. Vor einem Jahr hat die Neusser Tafel damit begonnen, auch in Kaarst für Bedürftige aufzutischen. „Wir haben gute Erfahrungen gemacht. Jede Woche kommen durchschnittlich zwanzig bis dreißig Personen, die über eine Berechtigung verfügen“, erklärt Hans Ferch.

Der 80-Jährige gehört zu einem Team von sechs Personen, das die Lebensmittel — manchmal sind auch Hygieneartikel dabei — sorgfältig auf die mit Tüchern ausgelegten Flächen positionieren. „Damit hier nichts schmutzig wird — wir verlassen alles sauber“, erklärt Helfer Lutz Grosche. Was ihm nicht so gut gefällt: die Miete für die Nutzung der Räume. „Die könnte die Kirche uns erlassen, schließlich entspricht das hier doch der christlichen Nächstenliebe“, sagt er.

Gut gelaunt bereitet das Team alles vor und genießt noch eine Tasse Kaffee, bevor die ersten Menschen kommen. „Wir haben viele Stammkunden und kennen uns“, erzählt Hans Ferch. Komme jemand ein paar Monate nicht mehr, habe er Arbeit gefunden und falle aus der Kartei heraus. „Das Schild ‚Neusser Tafel‘ haben wir entfernt, da manche sich schämen, das Angebot anzunehmen“, sagt Ferch. Das Angebot kann sich aber sehen lassen: Von frischem Obst, Gemüse und Milchprodukten bis hin zu Brot, Kuchen, fertigen Sandwiches und Blumen ist alles vorhanden. Die Kunden sind sehr zufrieden. „Hier ist es viel besser als in Neuss, weil man sich die Waren selbst aussuchen kann“, sagt ein junger Mann und packt den Inhalt zweier Körbchen in Taschen. Pro Körbchen hat er 2,50 Euro bezahlt - „alles reicht für eine Woche“, erklärt er. Ein anderer Mann ergänzt: „Ich friere das frische Gemüse ein und das Obst dient als Snack vor dem PC“. Eine Familie aus Syrien mit zwei kleinen Töchtern (zwei und sechs Jahre) freut sich über Süßigkeiten für die Kinder und Blumen für die Mutter. Eine ältere Dame ist zu Fuß durch halb Kaarst gekommen. „Ich bin froh, dass ich nicht mehr nach Neuss muss“, bekennt sie und lädt die Lebensmittel in eine kleine Karre. Auch bei ihr werden sie für eine Woche reichen (müssen). Obenauf liegt ein Strauß Sonnenblumen. „Blumen bringen Spaß und die Welt wird bunt“, sagt sie. Einmal habe sie nicht genug bekommen, deshalb ist sie immer möglichst früh da. „Das Meiste werden wir quitt“, bestätigt Hans Ferch.

Bei Verständigungsproblemen mit Migranten hilft Mohanad Nakahbandi. Der 36-jährige Syrer lebt seit zwei Jahren in Deutschland. Ferch bedauert, dass viele ältere Einheimische sich nicht trauen, das Angebot der Tafel anzunehmen. „Viele haben Angst, gesehen zu werden“, weiß er.