Kappessonntagszug 2023 in Neuss Die Neusser können noch Karneval
Neuss · Der Kappeszug ist zurück – mit all seinen kleinen und großen Geschichten. So fällt die Bilanz von KA-Präsidium, Rettungskräften und Polizei aus.
Denise Schmitz ist an ihrem Geburtstag nicht daheim geblieben. Sie hat sich vielmehr zum Kappessonntagszug aufgemacht, wo sie an der Oberstraße ausgerechnet dem Mann mit dem Mikrofon auf dem Wagen von NE-WS 89.4 auffiel – der sie auch noch kannte. Mitten hinein in das Wumtata der Blasmusik und die Partyklänge aus dicken Boxen klang auf einmal ein vielstimmiges „Happy Birthday“ – für „die blonde Frau da.“
Oft sind es so kleine Begebenheiten, die das Familiäre im Neusser Karneval unterstreichen, selbst wenn der Umzug zum Schluss- und Höhepunkt der Session Zehntausende in der Stadt zusammenbringt. Geschichten wie die von Jürgen Kinold von der Zugleitung, dem jemand einfach so einen Strohhut schenkte, von Gerd Butter (Blaue Funken), der in der Nachmeldestelle im Bushäuschen „Landestheater“ neue Freundschaften schloss oder von Peter Möhlen, der zum ersten Mal seit Jahren nicht am Steuer des letzten Treckers saß, der im Neusser Traktorenwerk vom Band rollte. „Weil der Kreis den nicht mehr herausrückt“, wie er
berichtet.
Nur drei Platzverweise
waren auszusprechen.
Neben all den kleinen Gesichten gab es am Sonntag zwei große, schöne. Von einer berichtet Polizeisprecherin Claudia Suthor. Sie konnte am Abend zufrieden festhalten, dass es „sehr, sehr, sehr ruhig war“. Die Verstärkung aus Einsatzhundertschaften, vorsorglich in Bereitschaft gehalten, war zu keiner Zeit nötig. Bis zum Druck dieser Zeitung lagen ihr drei Anzeigen – wegen Körperverletzung, Beleidigung beziehungsweise Sachbeschädigung – sowie eine Ordnungswidrigkeit vor: „Wegen Wildpinkeln.“ Nur drei Platzverweise waren auszusprechen.
Dieter Guderley als Sprecher der Rettungsdienste konnte das Lagebild nur unterstreichen. Die Sanitätstrupps am Zugrand mussten in sieben Fällen helfen, die Sanitätsstelle am Zeughaus zwei Personen versorgen. Und der Krankenwagen wurde 13 Mal benötigt. „Die Einsatzzahlen lagen 30 Prozent unter denen von 2019“, fasst er zusammen.
Und das, wie Andreas Picker als Präsident des Karnevalsausschuss Neuss (KA) in dem zweiten guten Bericht zum Tag feststellen kann, obwohl der Umzug mehr Besucher anzog als damals. Er spricht als Veranstalter von mindestens 100.000 Besuchern und hat beobachtet, dass sich entlang des Zugweges auf ganzer Länge die Zuschauer drängten. „Keine Lücken“, sagt er.
Eine Lücke gab es – allerdings klaffte die im Umzug selbst. Weil ein Notfall in einem innerstädtischen Altenheim den raschen Einsatz eines Rettungswagens nötig machte, musste die Polizei den Kappeszug teilen. Ab dem dritten Marschblock, also gleich hinter dem Wagen der KG Edelreserve, wurde der Zug angehalten. Das Prinzenpaar – mit Startnummer 121 ganz am Ende des Umzugs – stand deshalb mehr als eine Stunde lang vor dem Kreishaus, bevor es richtig losging. Die Gruppen der ersten beiden Marschblocks zogen zunächst weiter, wurden dann aber von Zugleiter Ralf Dienel gebremst, damit die anderen Teilnehmer wieder aufschließen konnten.
Für Dienel und seine Mannschaft hatte der Tag früh begonnen, denn alle 35 Wagen mussten am Morgen aus der Wagenbauhalle in Büttgen rangiert und – in Kollonnen zu zehn Gespannen – mit Polizeibegleitung zum Tüv-Gelände übrführt werden.
Erst dort wurden sie in die richtige Reihenfolge gebracht und fuhren so zum Ablaufpunkt am Kreishaus, wo die rund 2800 Teilnehmer ihre Plätze im Zug einnahmen. Ein letzter leichter Schauer, dann konnte um 13.15 Uhr der Kappeszug starten.
Für Prinz Mark I. und seine Novesia Nicole I. (Könnecke) begann damit das Finale ihrer Session, auf das sie seit ihrer Nominierung im Sommer 2020 warten mussten. „Wir hätten nie gedacht, dass es so lange dauern würde“, gab der Prinz zu.
An der Wegstrecke hatten sich wieder Juroren verteilt, die nach den schönsten Wagen und Fußgruppen Ausschau hielten. Bei der Kappesfete nach dem Umzug wurde ihr Urteil verkündet. Als besten Wagen zeichneten sie den der KG Edelreserve um Kalli Geißler aus: „Jeck wie nie trotz PANDAmie“ war darauf zu lesen. Zwei zweite Plätze gingen an die Wagen des Kinderprinzenpaares und der St.Augustinus-Behindertenhilfe, die zudem den Preis für die schönste Fußgruppe einheimste. Dritter wurde die KG „Blau Rot Gold.“
Den dritten Platz bei den Fußgruppen errang die DJK Novesia, die auf „50 Jahre Erftlauf“ verweisen kann. Dieses Jubiläum steht am 18. November an. Zweiter wurden die Lebenshilfe und die „Nüsser Sahnebällchen“.