Katharina Thalbach im Globe: Gedichte an den Dichter

Furiose Lesung mit Katharina Thalbach im Globe-Theater.

Foto: Krey

Neuss. Da steht sie nun auf der Bühne des Globe wie ein kleines Mädchen: Katharina Thalbach bei ihrem Shakespeare-Festival-Auftritt im Hängerchen, eine brave Bluse drunter, die kurzen Haare gescheitelt, eine große Brille auf der Nase. Und staunt. Überlegt kurz, ob es nicht auch ein gelungener Auftritt gewesen sei, aus dem Bühnenboden zu steigen, gleichsam aus der Hölle. „Ach nee, da ist ja schon besetzt“, räsoniert sie und lacht prustend los.

Der erste Beifall gehört ihr, bevor sie überhaupt ein einziges Wort aus der Anthologie zu William Shakespeares 450. Geburtstag gelesen hat. Shakespeare kommt nicht zu Wort, sondern seine Nachfolger, Kollegen, Verehrer aus vier Jahrhunderten: Theodor Fontane erweist Macbeth seine Referenz, Ernst Jandl verneigt sich vor Hamlet. Vladimir Nabokov sinniert über den englischen Dichterfürsten ebenso wie Karl Kraus und Erich Kästner. Dass Ophelia vielgestaltig diesen Reigen ergänzt, ist ein besonderer Genuss.

Etwa 20 von 144 Gedichten liest, ja durchlebt Katharina Thalbach. Eine begnadete Schauspielerin, die Shakespeares Figuren wieder ins Leben zurückholt; die Stimmungen, Lieben und Leiden seiner Protagonisten mal still, mal krachend und mit Schalk und Charme auf die Bühne bringt.

Sich also mit geschlossenen Augen Thalbachs verwandlungsfähiger, aber unverwechselbarer Stimme und ihrer Rezitationskunst hingeben? Oder beobachten, wie sie mit vollem Körpereinsatz die Figuren zum Leben erweckt?

Katharina Thalbach und William Shakespeare werden zum Dreamteam. Gewiss hätte William Shakespeare, der aufmerksame Beobachter seiner Zeit und spitzfedrige Chronist antiker Stoffe, seine helle Freude an diesen manchmal auch hintergründigen Elogen gehabt. Ebenso wie das Publikum, das Katharina Thalbach mit langem Applaus dankte.