Kreis prüft Klage gegen Atomkraftwerke
Ob ein Anschluss an die Klage der Städteregion Aachen gegen belgische Reaktoren möglich ist, muss rechtlich geklärt werden.
Rhein-Kreis. Mehr als 16 000 winzige Risse im Stahl der Druckbehälter, auslaufendes Wasser, Feuer in einer Schalttafel — die Atomkraftwerke Tihange und Doel machen den Menschen im belgisch-deutschen Grenzgebiet Angst. Gleichzeitig wächst der Protest gegen die „Bröckel-AKW“, wie sie NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) nennt. Nach einem einstimmigen Beschluss im Kreisausschuss drängt jetzt auch der Rhein-Kreis bei der Bundes- und Landesregierung darauf, sich für eine Abschaltung der Reaktoren stark zu machen.
Außerdem sollen Bund und Land mit Belgien über ein länderübergreifendes Katastrophenschutzkonzept für den Fall eines nuklearen Ernstfalls verhandeln. Und: Die Kreisverwaltung soll prüfen, ob rechtlich die Möglichkeit besteht, sich einer Klage der Städteregion Aachen mit dem Ziel der vollständigen Abschaltung der Atomkraftwerke anzuschließen. Sollte bei einer Panne in der Anlage Radioaktivität freigesetzt werden, wären die Menschen in einem weiten Umkreis betroffen — möglicherweise auch im Rhein-Kreis Neuss. Der Reaktor Tihange liegt 160 Kilometer von Neuss entfernt, das AKW Doel steht 220 Kilometer von Neuss entfernt.
Den ersten Antrag mit dem Ziel, die „Schrottreaktoren“, so Hans Christian Markert (Grüne), stillzulegen, stellten Grüne und Linke. In der Kreisausschusssitzung am Dienstagabend legten CDU und FDP einen ähnlichen Antrag vor. Im Ziel einig, unterschieden sich beide Initiativen vor allem mit Blick auf den Adressaten. CDU und FDP sahen vor allem das Land in der Verantwortung, auf ein Aus für die Reaktoren zu drängen. Grüne und Linke wollten, dass der Kreis selbst aktiv wird und die Klage der Städteregion Aachen gegen Tihange und Doel unterstützt. Die Landesregierung NRW, so Markert, mache bereits Druck in Belgien und prüfe auch eine Klage. Möglicherweise sei diese aus rechtlichen Gründen aber einer Kommune eher möglich als dem Land. Zudem trage der Rhein-Kreis Verantwortung für den Katastrophenschutz.
Landrat Hans-Jürgen Petrauschke sieht im Gegensatz zu Grünen und Linken die Möglichkeit einer Klage gegen die Atomkraftwerke kritisch: Nach Auffassung des Rechtsamtes des Kreises bestehe diese Möglichkeit nur für Kommunen in einer 100-Kilometer-Zone um die Reaktoren.
CDU-Fraktionschef Dieter Welsink stimmte schließlich zu, die Möglichkeit einer Klage erneut prüfen zu lassen.