Mutmaßlicher Komplize von Neusser Terrorverdächtigem in Wien vor Gericht
Die Verhandlung in Wien könnte ein neues Licht auf die möglichen Taten des angeklagten Kevin T. aus Neuss werfen.
Neuss. Der Prozess um den mutmaßlichen IS-Helfer aus Neuss, Kevin T., läuft bereits seit Anfang März. Zahlreiche Zeugen wurden bislang vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht angehört — unter anderem aus dem österreichischem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Nur wer bislang schweigt, ist der Angeklagte. Das bestätigte sein Wahlverteidiger Serkan Alkan.
Ab heute könnte jedoch neuer Schwung in das Verfahren um den 22-Jährigen kommen, dem die Generalstaatsanwaltschaft unter anderem die Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung und die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat vorwirft. Denn heute beginnt in Wien der Prozess seines mutmaßlichen Komplizen, Lorenz K. „Es gibt erhebliche Verbindungen zwischen beiden Verfahren“, sagt Alkan. Wenn K. Deutscher wäre, hätte man das Duo wahrscheinlich zusammen angeklagt: „Zum Teil sind auch die gleichen Zeugen geladen.“
Laut Anklage soll T. im Jahr 2016 gemeinsam mit dem Österreicher einen Selbstmordanschlag auf Soldaten in Deutschland, mutmaßlich auf die US-Militärbasis Ramstein, geplant haben. Im gleichen Jahr soll der Neusser dem heute 19-jährigen Wiener Unterschlupf gewährt und mit ihm testweise einen Sprengsatz in einem Neusser Park gezündet haben. In diesem Zeitraum soll es in Neuss auch zu einer Hochzeit nach islamischem Recht zwischen dem Österreicher und einer heute 17-Jährigen gekommen sein. Sie muss sich gemeinsam mit Kevin T. vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verantworten — unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Wie Wolfgang Blaschitz, Verteidiger des Österreichers, mitteilte, haben sich Kevin T. und Lorenz K. „in einschlägigen Internetforen mit IS-Bezug kennengelernt“. Doch nicht nur die Vorbereitung eines Anschlags wird dem Österreicher vorgeworfen. So steht er auch im Verdacht, einen Zwölfjährigen zu einem Attentat auf einen Ludwigshafener Weihnachtsmarkt angestiftet zu haben. Zu dem Anschlag kam es nur nicht, weil die Bombe nicht detonierte.
Blaschitz hatte vor einem Jahr angegeben, dass sein Mandant den Neusser in Schutz nehmen würde. Alkan betont aber: „Wenn Lorenz K. eine umfassende Einlassung abgibt, kann es Auswirkungen auf meinen Mandanten haben.“
Erst vor wenigen Tagen habe er Kevin T. in der Justizvollzugsanstalt in Düsseldorf besucht. Dieser sei „ein bisschen ratlos“, wie es denn jetzt weitergehen soll. Bezüglich der „Mauer-Taktik“ im Gerichtsprozess widerspricht der Wahlverteidiger den beiden Pflichtverteidigern und gibt an, eine andere Taktik gewählt zu haben: „Wenn Vorwürfe im Rahmen des Verfahrens nachgewiesen werden, kriegt er keine Milderung.“
Eltern geschieden, in der Schule den Anschluss verloren, wenige soziale Kontakte — Alkan bezeichnet seinen Mandanten als „ungefährlich“ ein, er sei vielmehr ein „Mitläufer“, der leicht zu lenken sei. In der salafistischen Szene habe er Anerkennung erfahren, die ihm über Jahre verwehrt geblieben sei.