Neuss: Ausstellung erinnert an Schützenfest

Über das „abgebrochene“ Schützenfest 1939 berichtet eine Ausstellung im Schützenmuseum.

Neuss. Auf alten Fotos und Filmaufnahmen wirkt das Schützenfest wie eines von vielen: Die Besucher können Auto-Scooter, damals Selbstfahrer genannt, oder Achterbahn fahren. Jungen in kurzen Hosen und Mädchen mit Trachtenkleid und Zopf schnappen nach Würstchen, Schützen in schmucken Uniformen marschieren zackig den Marktplatz hinauf, begleitet vom Applaus der Besucher.

Doch es ist das erste Septemberwochenende des Jahres 1939, der Zweite Weltkrieg hat gerade begonnen, viele Schützenkameraden tauschen die grüne Brauchtumsuniform mit der feldgrauen der Wehrmacht. An dieses Schützenfest, über das "noch immer der Mantel des Schweigens" gebreitet wird, so Historikerin Britta Spies, erinnert eine Ausstellung im Rheinischen Schützenmuseum.

"Das Schützenfest, so heiter es damals gewesen sein mag, war getrübt durch die Erwartung der Ereignisse", erklärt Thomas Nickel, Präsident des Neusser Bürgerschützen-Vereins.

Beeindruckendes Zeugnis jener Tage: ein Plakat mit dem Programm des Festes, das der Schütze und Soldat Johann Röttgen bei seiner Abkommandierung an die Front mitgenommen hat und das im Laufe der Kriegsjahre von vielen seiner Kameraden an den verschiedenen Einsatzorten unterzeichnet wurde.

Spies: "Es ist unbekannt, wie viele dieser Männer, die dort unterschrieben haben, nicht mehr lebend heimkehrten." In einer ausliegenden Liste sind die Namen aufgeführt, die entzifferbar sind.

Wie abrupt die Stimmung damals umschlug, dokumentiert auch das Gästebuch, dessen gezeichnetes Titelblatt offensichtlich abrupt abgebrochen wurde. "Und dennoch ist es nicht richtig, dass das Fest auf einen Schlag endete", erklärt Nickel.

Die Stimmung sei schon in den Monaten zuvor gedrückt gewesen, es wurden Gasmasken ausgeteilt, und die Straßen in Neuss mussten nachts für rasche Truppenbewegungen freigehalten werden. Spies: "Beim Polizeipräsidenten wurde damals schriftlich die Sorge vor einem Luftangriff während der Festlichkeiten vorgetragen. Die Antwort ist erhalten: Man müsse sich noch keine Sorgen machen."

Die düsteren Vorahnungen sind den Feiernden auf dem Farbfilm, den der damalige Schützenkönig Robert Lonnes in Auftrag gegeben hat, nicht anzusehen. Man hat gefeiert und versucht, das Geschehen zu verdrängen. Eine Wehrmachtskapelle marschiert durch die Straßen, doch der Blick in Richtung Obertor zeigt mit Hakenkreuzflaggen geschmückte Häuser.

Einige Züge aber marschieren in stillem Protest auf Lücke: Nicht wenige Schützen waren bereits eingezogen. "Die Quellenlage zu diesem Schützenfest ist sehr schwierig", räumt Britta Spies ein. Als sie einen Aufruf für eine Ausstellung über Hüte gestartet hatte, meldeten sich mehrere hundert Personen. "Bei einem Aufruf für diese Ausstellung fand sich kein einziger Zeitzeuge, der berichten wollte."

Die Ausstellung "Das abgebrochene Schützenfest" ist noch bis zum 15. Januar im Rheinischen Schützenmuseum, Oberstraße 58-60, zu sehen. Öffnungszeiten: Mittwoch und Sonntag, 11 bis 17 Uhr.